Mit Computerspielen gegen psychische Probleme

Forscher setzt auf niederschwelligen Zugang - Neuer Behandlungsansatz holt Kinder bei Tätigkeit ab, die Freude macht

Wien - "Psychologie wird oft mit "Freud und nicht mit Freude assoziiert", sagt der Manuel Sprung, Psychologe am Institut für Klinische, Psychologische und Differentielle Psychologie der Universität Wien . Um dem entgegenzuwirken, verfolgt der Forscher einen ungewöhnlichen Ansatz für die Behandlung psychischer Probleme bei Kindern: Er setzt auf Computerspiele. Sie sind dafür konzipiert, spezielle Fähigkeiten aufzubauen und zu stärken, die Kindern beim Umgang mit und in der Vorbeugung vor psychischen Belastungen helfen können. Über diese "Games4Resilience" (Spiele für Widerstandsfähigkeit) spricht Sprung heute, Donnerstag, bei seiner Antrittsvorlesung.

Bei Therapien von psychischen Problemen habe es in den vergangenen Jahrzehnten zwar "unglaubliche Durchbrüche" gegeben, so der Wissenschaftler, aber nur ein Bruchteil der Betroffenen bekäme tatsächlich eine Behandlung. Gerade in der Kinder- und Jugendpsychologie liege der Fokus auf Problemen, die sich durch sichtbares auffälliges Verhalten äußern. Sprung: "Das sind Probleme, die andere sehen - die auch stören." Häufiger seien aber jene, "die sich nach innen richten, wie Ängste, Sorgen oder Depressionen". Kann jemand diese Dinge nicht ausdrücken, bleiben sie oft im Verborgenen.

Drohende Stigmatisierung

Viele würden auch vor einer Behandlung zurückschrecken, da Stigmatisierung durch die Krankheit drohe und viele Menschen Probleme bei sich auch gar nicht wahrnehmen würden. Um speziell Kinder anzusprechen, hat Sprung überlegt, was ihnen Freude macht. Sein Ergebnis: Computerspielen.

Der Wissenschaftler baut "wirksame und geprüfte Methoden und Elemente von Behandlungen" in die Spiele ein. Sprungs Vision ist es, einen Behandlungsansatz zu entwickeln, mit dem - abgestimmt auf die jeweiligen Bedürfnisse - verschiedene Probleme bearbeitet werden können. Mithilfe der Spiele könnten Ängste und die oftmals geringe Motivation, in die Therapie zu kommen, überwunden werden.

Behandlung konkreter Probleme

An dem im Zuge seiner Berufung im Herbst 2011 an der Uni Wien eingerichteten "Games4Resilience Lab" haben Sprung und seine Kollegen bereits zwei Computerspiele entwickelt, "die grundlegende Fähigkeiten fördern sollen, die auch Grundvoraussetzung für die Teilnahme an einer Therapie sind". Eines zielt auf den Aufbau von Selbst- und Aufmerksamkeitskontrolle sowie planerischem Denken ab - Fähigkeiten, die etwa bei Aufmerksamkeits- oder Lernstörungen bedeutsam sind. Im zweiten Spiel befragt man als Detektiv Zeugen. Dabei dreht sich alles um das Erkennen von Intentionen und Emotionen des virtuellen Gegenübers.

In der zweiten Projektphase werden Spiele entwickelt, die auf die Behandlung ganz konkreter Probleme abzielen. So soll eine Computerspielplattform entstehen, "wo man den Kindern und ihren Eltern verschiedene Spiele für die häufigsten Probleme wie etwa im Sozialverhalten, Ängstlichkeit, Depression, Aufmerksamkeitsstörungen und traumatische Erfahrungen anbieten kann", so Sprung.

Präventiver Charakter

Von den Computerspielen erhofft sich der Psychologe auch, dass sie Kindern dabei helfen, Fähigkeiten aufzubauen, die sie vor psychischen Problemen schützen. Ein weiterer Vorteil des Ansatzes sei, dass man auch Kindern helfen könnte, deren Probleme nicht dem Vollbild einer psychischen Störung entsprechen, die also nicht unbedingt eine Psychotherapie brauchen.

Dazu komme, dass ein Psychologe nicht unendlich viele Kinder versorgen könne, ein Spiel jedoch schon. Klar sei zwar, dass die Spiele nur Teil "eines gestuften Vorgehens in der Behandlung" sein können. "In vielen Fällen können es die Spiele vielleicht alleine richten, in schweren Fällen aber nicht", so Sprung. (APA, 24.1.2013)

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Mit Computerspielen gegen psychische Probleme

Forscher setzt auf niederschwelligen Zugang - Neuer Behandlungsansatz holt Kinder bei Tätigkeit ab, die Freude macht

Wien - "Psychologie wird oft mit "Freud und nicht mit Freude assoziiert", sagt der Manuel Sprung, Psychologe am Institut für Klinische, Psychologische und Differentielle Psychologie der Universität Wien . Um dem entgegenzuwirken, verfolgt der Forscher einen ungewöhnlichen Ansatz für die Behandlung psychischer Probleme bei Kindern: Er setzt auf Computerspiele. Sie sind dafür konzipiert, spezielle Fähigkeiten aufzubauen und zu stärken, die Kindern beim Umgang mit und in der Vorbeugung vor psychischen Belastungen helfen können. Über diese "Games4Resilience" (Spiele für Widerstandsfähigkeit) spricht Sprung heute, Donnerstag, bei seiner Antrittsvorlesung.

Bei Therapien von psychischen Problemen habe es in den vergangenen Jahrzehnten zwar "unglaubliche Durchbrüche" gegeben, so der Wissenschaftler, aber nur ein Bruchteil der Betroffenen bekäme tatsächlich eine Behandlung. Gerade in der Kinder- und Jugendpsychologie liege der Fokus auf Problemen, die sich durch sichtbares auffälliges Verhalten äußern. Sprung: "Das sind Probleme, die andere sehen - die auch stören." Häufiger seien aber jene, "die sich nach innen richten, wie Ängste, Sorgen oder Depressionen". Kann jemand diese Dinge nicht ausdrücken, bleiben sie oft im Verborgenen.

Drohende Stigmatisierung

Viele würden auch vor einer Behandlung zurückschrecken, da Stigmatisierung durch die Krankheit drohe und viele Menschen Probleme bei sich auch gar nicht wahrnehmen würden. Um speziell Kinder anzusprechen, hat Sprung überlegt, was ihnen Freude macht. Sein Ergebnis: Computerspielen.

Der Wissenschaftler baut "wirksame und geprüfte Methoden und Elemente von Behandlungen" in die Spiele ein. Sprungs Vision ist es, einen Behandlungsansatz zu entwickeln, mit dem - abgestimmt auf die jeweiligen Bedürfnisse - verschiedene Probleme bearbeitet werden können. Mithilfe der Spiele könnten Ängste und die oftmals geringe Motivation, in die Therapie zu kommen, überwunden werden.

Behandlung konkreter Probleme

An dem im Zuge seiner Berufung im Herbst 2011 an der Uni Wien eingerichteten "Games4Resilience Lab" haben Sprung und seine Kollegen bereits zwei Computerspiele entwickelt, "die grundlegende Fähigkeiten fördern sollen, die auch Grundvoraussetzung für die Teilnahme an einer Therapie sind". Eines zielt auf den Aufbau von Selbst- und Aufmerksamkeitskontrolle sowie planerischem Denken ab - Fähigkeiten, die etwa bei Aufmerksamkeits- oder Lernstörungen bedeutsam sind. Im zweiten Spiel befragt man als Detektiv Zeugen. Dabei dreht sich alles um das Erkennen von Intentionen und Emotionen des virtuellen Gegenübers.

In der zweiten Projektphase werden Spiele entwickelt, die auf die Behandlung ganz konkreter Probleme abzielen. So soll eine Computerspielplattform entstehen, "wo man den Kindern und ihren Eltern verschiedene Spiele für die häufigsten Probleme wie etwa im Sozialverhalten, Ängstlichkeit, Depression, Aufmerksamkeitsstörungen und traumatische Erfahrungen anbieten kann", so Sprung.

Präventiver Charakter

Von den Computerspielen erhofft sich der Psychologe auch, dass sie Kindern dabei helfen, Fähigkeiten aufzubauen, die sie vor psychischen Problemen schützen. Ein weiterer Vorteil des Ansatzes sei, dass man auch Kindern helfen könnte, deren Probleme nicht dem Vollbild einer psychischen Störung entsprechen, die also nicht unbedingt eine Psychotherapie brauchen.

Dazu komme, dass ein Psychologe nicht unendlich viele Kinder versorgen könne, ein Spiel jedoch schon. Klar sei zwar, dass die Spiele nur Teil "eines gestuften Vorgehens in der Behandlung" sein können. "In vielen Fällen können es die Spiele vielleicht alleine richten, in schweren Fällen aber nicht", so Sprung. (APA, 24.1.2013)

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