Endlich Schluss mit äh Sprachticks

Falls Sie quasi bzw. sozusagen, äh, auch die eine oder andere Sprachmarotte haben sollten, dann, na ja, sollten Sie im Prinzip, äh, endlich was dagegen tun, oder?

Sprachticks sind keine Schande, denn Sie sind mit diesem Problem nicht allein. Experten schätzen, dass jeder Dritte einen Sprachtick hat – Tendenz steigend. Das ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Floskeln und Füllwörter auch viele Funktionen haben. Sie halten Gespräche im Fluss und verschaffen uns kurze Inseln zum Nachdenken. Darum werden sie so häufig verwendet, von manchen Menschen zu häufig.

Vom Ex-Freund lernen, damit es mit der neuen Liebe in der Beziehung besser klappt

Witzig oder peinlich?
Skurrile Marotten der Deutschen

Wo haben Sprachticks ihren Ursprung?

„Sprachticks werden aus der Gewohnheit geboren, aber sie können auch psychologische Ursachen haben“, erklärt Kommunikationscoach Meike Müller („Lizenz zum Kontern: Rhetorische Selbstverteidigung im Job“, Stark Verlagsgesellschaft, 12,95 Euro). „Aber auch fehlendes Training kann dahinter stecken. Zum Beispiel, wenn man während eines Vortrags vor einer Gruppe ständig ins Stottern gerät“, sagt die Expertin.

Viele sprachlichen Marotten schauen wir uns von Vorbildern ab, etwa den Eltern. Aber auch Musiker, Schauspieler und Politiker können uns einen Sprachtick verpassen. Hintergrund: Sprache bedeutet Identifikation. Durch das Übernehmen bestimmter Marotten bekennt man sich (manchmal auch unbewusst) zu einer Gruppe.

Warum nehmen die Sprachticks laut Sprachexperten zu?

„Die Menschen sind immer weniger mutig, die Dinge auf den Punkt zu bringen, klar und geradlinig zu sein“, sagt Kommunikationsexpertin und Sprachtrainerin Annekatrin Michler aus Leipzig. „Klare Aussagen werden vermieden und stattdessen wird umschrieben, aufgefüllt und relativiert. Viel reden, wenig sagen – das ist der Trend“, erklärt Michler.

Die gute Nachricht: Die meisten Sprachticks lassen sich problemlos abtrainieren – auch Bandwurmsätze, ständiges Räuspern oder Nuscheln.

Hier verrät Sprechexpertin Meike Müller, was hinter nervigen Marotten steckt und wie wir sie loswerden:

Beispiele: „Das sollten wir so machen, oder?“, „Das entscheiden wir jetzt, nicht wahr?“

Hintergrund: Die Frageform schwächt die eigene Aussage ab. Dahinter steckt eine unbewusste Schutzfunktion nach dem Motto: Wenn der andere das anders sieht als ich, habe ich es schon mal selbst angesprochen. Dann ist es doch nur noch halb so schlimm. Kein Mensch möchte abgewiesen werden. Wir wollen von anderen gemocht werden. Bei manchen Menschen ist dieser Wunsch extrem stark ausgeprägt. Konflikte sind ihnen ein Graus, alles soll immer schön harmonisch sein. Dass das im Leben nicht geht, wissen sie im Grunde genau. Nur durch das Abschwächen treten die Gegensätze – so die unbewusste Hoffnung – zum anderen nicht mehr so stark auf.

SOS-Tipp: Machen Sie sich klar: Konflikte sind normal, gehören zum Leben dazu, können reinigende Wirkung haben. Eine andere Sicht als andere zu haben, schärft das eigene Profil. Sie werden wahr- und ernst genommen.


mehr...

Ständige Rückfragen   Beispiele: „Das sollten wir so machen, oder?“, „Das entscheiden wir jetzt, nicht wahr?“Hintergrund: Die Frageform schwächt die eigene Aussage ab. Dahinter steckt eine unbewusste Schutzfunktion nach dem Motto: Wenn der andere das anders sieht als ich, habe ich es schon mal selbst angesprochen. Dann ist es doch nur noch halb so schlimm. Kein Mensch möchte abgewiesen werden. Wir wollen von anderen gemocht werden. Bei manchen Menschen ist dieser Wunsch extrem stark ausgeprägt. Konflikte sind ihnen ein Graus, alles soll immer schön harmonisch sein. Dass das im Leben nicht geht, wissen sie im Grunde genau. Nur durch das Abschwächen treten die Gegensätze – so die unbewusste Hoffnung – zum anderen nicht mehr so stark auf.SOS-Tipp: Machen Sie sich klar: Konflikte sind normal, gehören zum Leben dazu, können reinigende Wirkung haben. Eine andere Sicht als andere zu haben, schärft das eigene Profil. Sie werden wahr- und ernst genommen.  
Sprechen ohne Punkt und Komma   Beispiel: „Ichwolltenursagen,dassheuteeinganzungünstigerTagist,umsichwichtigeUnternehmungenvozunehmen.“ Hintergrund: Dahinter steckt oft das Gefühl nicht wahrgenommen zu werden. Und nun versucht man, die Gelegenheit zu nutzen, möglichst viel in kurzer Zeit unterzubringen getreu der Devise: Solange ich rede, müssen mir die anderen zuhören.SOS-Tipp: Gute Gespräche sind wie Pingpong. Es geht hin und her und es ist keine Soloveranstaltung. Nehmen Sie sich vorab vor: Heute möchte ich etwas Neues über mein Gegenüber erfahren. Das führt dazu, dass Sie mehr zuhören als selber zu reden. Schließlich haben Sie zwei Ohren und nur einen Mund. Und das Beste: Der andere nimmt Sie als interessierten Zeitgenossen und angenehmen Gesprächspartner wahr, den man gern um sich hat.  
Bandwurmsätze   Beispiel: „Was ich noch sagen wollte, als ich kürzlich das Thema XY beschrieb, das ja für einige einen ganz neues Aspekt enthielt, weil es ja anders als das bislang Besprochene und daher …äh?“Hintergrund: Sie entstehen oft dadurch, dass dem Sprechenden schwerfällt, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden. Manch einer hat eine Thematik auch selbst nicht durchdrungen und sucht nach dem Kern, indem er laut über das Thema nachdenkt und sich im Gestrüpp der Worte verheddert.SOS-Tipp: Bevor Sie loslegen, klären Sie, was Ihre Hauptbotschaft ist. Was ist der wichtigste Gedanke? Und halten Sie sich an folgende Regel: Hauptsachen in Hauptsätze packen. Vor wichtigen Auftritten: Bitten Sie einen Kollegen oder Freund um ein geheimes Zeichen, falls die Bandwurmeritis sich breit macht und Sie es selbst nicht merken. Kleben Sie sich vor einem Vortrag einen Punkt auf die Uhr, der Sie daran erinnert, öfter einen Punkt zu machen. Das tut Ihnen und Ihren Zuhörern gut.   
Räuspern   Beispiel: „Ich (räusper) denke nicht (räusper), dass heute ein guter Tag ist (räusper), um ins Kino (räusper) zu gehen.“Hintergrund: Wenn das Phänomen immer wieder stark auftritt, dann sollten Sie zum HNO gehen und klären lassen, ob eine Erkrankung dahinter steckt. Kommt es nur in angespannten Situationen, z. B. bei einem Auftritt vor, dann kann – neben trockener Raumluft – eine schlechte Atemtechnik der Grund sein.SOS-Tipp: Beim Sprechen gilt es, sich daran zu erinnern, Atempausen zu zulassen. Und vor allem aufs Ausatmen ist zu achten. Durch starkes Einatmen steigern sich Druck und Verspannung, was sich negativ auf die Stimme auswirkt. Daher immer wieder den Druck ablassen, also aufs Ausatmen konzentrieren – so wird der Körper sofort entspannt.  
Nuscheln   Beispiel: Ein Redner verschluckt Silben, spricht mit der Hand vor dem Mund oder lässt Satzenden undeutlich ausklingen.Hintergrund: Manch einem ist gar nicht bewusst, dass er so undeutlich rüberkommt. Da hilft schon eine deutliche Rückmeldung. Bei vielen anderen verbirgt sich dahinter der unbewusste Versuch, sich zu verstecken, verbal abzutauchen. Was nicht gehört wird, kann auch nicht kritisiert werden. Bei dieser Art von Sprechverhalten ist häufig ein starker innerer Kritiker am Zuge, der Sätze einflüstert wie: „So toll ist das auch nicht, was du da beizusteuern hast.“ Oder: „Ob das alles so stimmt, was du da behauptest?“ SOS-Tipp: Das Sprechtempo senken und sich im Vorfeld immer mal wieder – im stillen Kämmerlein – ein paar Minuten Sprechtraining gönnen.  Sprechen Sie einen Übungssatz wie „Ich spreche immer deutlicher“ mehrmals hintereinander, indem Sie die Zunge an verschiedenen Stellen im Mund platzieren. 1. Durchgang: Mit der Zunge am hinteren rechten Backenzahn unten den Satz sprechen. 2. Durchgang: Mit der Zunge am hinteren linken Backenzahn oben den Satz sprechen 3. Durchgang: Mit der Zunge am rechten oberen Backenzahn oben und den Satz sprechen. 4. Durchgang: Mit der Zunge am linken oberen Backenzahn den Satz sprechen. 5. Durchgang: Mit der Zunge am Gaumen oben den Satz sprechen. Das klingt merkwürdig, aber sie lernen so recht schnell eine klare Artikulation.  
Füllwörter   Beispiel: „Könntest Du eventuell eine ganz kleine Änderung in deinem Texvorschlag vornehmen?“ Hintergrund: Hier will jemand eine konkrete Aussage umgehen. Dahinter steckt nichts anderes als die Angst vor einem Nein. Denn jeder will gemocht werden – auch wenn er kritisiert. Problem dieser Marotte: Inhalte kommen vor lauter relativierenden Formulierungen („eventuell“, „ganz klein“) nicht richtig an. SOS-Tipp: Achten Sie darauf, dass Sie möglichst kurze Sätze formulieren. Wenn Sie ein wichtiges Gespräch haben, dann unbedingt vorher die wichtigsten Inhalte festlegen, die Sie loswerden möchten. Auch beschriebene Zettelchen können eine gute Erinnerungsstütze sein.  
Ähm, Äh   Beispiel: „Ich, ähm, wollte nur sagen, dass, äh, ich, äh, leider den Termin heute, ähm, nicht wahrnehmen kann.“Hintergrund: Dieser Tick ist die Flucht vor Redepausen. Außerdem gewinnt man durch viele „Ähm“ und „Ähs“ jede Menge Zeit, um zu überlegen, was man sagen will. Der Gruppe bzw. dem Gegenüber wird signalisiert, dass jetzt noch etwas folgt. SOS-Tipp: Für das Gegenüber sind häufig eingestreute „Ähm“ oder „Ähs“ sehr anstrengend, denn sie machen es dem Zuhörer sehr schwer, dem Gesagten zu folgen und es zu verarbeiten. Streuen Sie als „Äh“-Sager möglichst viele Fragen in ihren Vortrag ein. Denn je mehr man mit seinem Gegenüber kommuniziert, desto weniger „Ähs“ schleichen sich ein. Außerdem sollten Sie sich immer vor Augen halten, dass auch das Gegenüber kleine Denkpausen braucht. Daher sollten Sie sich und den anderen kleine STILLE Denkpausen gönnen.  

Open all references in tabs: [1 - 3]

Leave a Reply