Der Psychologie-Student

Der Psychologie-Student: ganz im Dienste der Wissenschaft - und natürlich der Menschheit im Allgemeinen. Wenn ich nicht gerade zu Übungszwecken das Verhalten meiner Freunde analysiere, stehe ich etwas verloren wirkend mit einem riesigen Stapel Papier im Arm in der Uni-Mensa oder der Fußgängerzone herum und versuche – teils übermotiviert, teils verzweifelt –, mitleidige Studenten oder andere gutmütige Menschen dazu zu überreden, Fragebögen für mich und die Wissenschaft auszufüllen. Die menschliche Psyche ist nämlich sehr kompliziert und noch lange nicht vollständig erforscht.

Um meine Erfolgsquote zu steigern, greife ich gerne hin und wieder tief in die psychologische Trickkiste und trage kurze Mini-Röcke oder verteile als Gegenleistung für kooperatives Verhalten Süßigkeiten. Ich bin schon raffiniert! Aber wen wundert das? Mein Studiengang hat schließlich den höchsten Numerus Clausus!


Obwohl ich mich als intellektuelle Elite bezeichnen würde[1], sind die Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit leider nicht ganz kompatibel mit den Ansprüchen meines Studienfachs, weshalb ich mir ab und zu das ein oder andere Pillchen Ritalin genehmige. Traubenzucker ist etwas für Anfänger. Sollte ich irgendwann einen Nervenzusammenbruch erleiden, ist das aber nicht so tragisch. Ich bin ja umgeben von Fachleuten, die mich sofort therapieren können.

Ich muss zugeben, meine eigene Persönlichkeit bleibt nicht ganz unberührt von den komplexen Problemstellungen, mit denen ich mich tagtäglich beschäftige. Deshalb bin auch ich selbst leicht verwirrt. Aber ich bin optimistisch: Dieser Umstand wird mir später einmal dabei helfen, meine Patienten besser zu verstehen.

Mein Motto lautet (Es, Ich und Über-Ich sind sich dabei ausnahmsweise einig): Wir studieren aus Spaß an Freud!

[1] Mit dieser Bemerkung möchte ich keinesfalls den Rest der Menschen herabwürdigen und möglicherweise sogar Minderwertigkeitskomplexe auslösen - die ich ja später ohnehin wieder selbst behandeln müsste -, sondern lediglich das Ausmaß des dargestellten Sachverhalts verdeutlichen.

Na, wer kann sich damit identifizieren?

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