Wie sehen wir eigentlich die Welt?

05.07.2012 - (idw) Westfaelische Wilhelms-Universitt Mnster

Dr. Sarah Weigelt bewegt eine philosophische Frage: Wie erkennen wir die Welt? Die Antwort darauf sucht die Psychologin nicht bei Hegel, Kant Co., sondern mithilfe von Verhaltensexperimenten und modernen Bildgebungsmethoden, die Gehirnaktivitten beim Sehen sichtbar machen.
Die Wissenschaftlerin, die neben Psychologie auch Philosophie studierte, forscht seit Anfang des Jahres mit einem Postdoktoranden-Stipendium der Daimler-und-Benz-Stiftung am Institut fr Psychologie der Universitt Mnster.

In den kommenden zwei Jahren erhlt Sarah Weigelt 20.000 Euro jhrlich fr Ausstattung, Hilfskrfte und Konferenzbesuche. Rund 800 Bewerber hatten sich auf die zehn Stipendien beworben. Die 33-Jhrige, die zuletzt zweieinhalb Jahre am renommierten Massachusetts Institute of Technology in Cambridge/USA forschte, setzte sich durch und entschied sich, mit den Forschungsmitteln nach Mnster zu kommen. Dafr sprachen der gute Ruf des Psychologie-Instituts und des universitren "Otto Creutzfeldt Center for Cognitive and Behavioral Neuroscience".

Fr Sarah Weigelts Forschungen ist insbesondere die sogenannte funktionelle Kernspintomografie zentral. Diese auch Magnetresonanztomografie (MRT) genannte Bildgebung kombiniert sie mit Verhaltensexperimenten, um die Entwicklung des Sehens und dessen neuronale Grundlagen zu untersuchen: "Ich versuche zu verstehen, wie Kinder und Jugendliche die Welt sehen", sagt die Psychologin. In ihren Studien untersucht sie, wie sich visuelle Prozesse zwischen Kindheit und Erwachsenenalter entwickeln.

Anstelle der intuitiven Auffassung, dass das Sehsystem schon frh ausgereift ist, zeigen die Entwicklungspsychologie und die Neurowissenschaft ein differenzierteres Bild: "Bis zum zwlften Lebensjahr ndert sich beispielsweise noch unsere Tiefenwahrnehmung", erklrt Sarah Weigelt. Dies ist nicht nur von akademischem Interesse, sondern kann handfeste Folgen beispielsweise fr den Schulerfolg haben: Tiefenwahrnehmung und geometrisches Vorstellungsvermgen in der Mathematik sind eng miteinander verbunden. Sarah Weigelts Arbeiten knnten also dazu beitragen, den Schulunterricht an die Wahrnehmung von Kindern anzupassen.

Bei ihren Tests mit Kindern verfolgt sie einen spielerischen Ansatz. Ihr derzeitiges Lieblingsexperiment nennt sich "multiple object tracking" und ist eine moderne Art des Htchenspiels: Auf einem Touchscreen verwandeln die jungen Probanden eine Katze in ein rotes Quadrat, das sie im weiteren Verlauf zwischen zehn anderen roten Quadraten im Blick behalten sollen. Eine Kamera zeichnet ihre Augenbewegungen auf. Sarah Weigelt misst so, wie Augen und Gehirn Bewegungen verarbeiten.

An solche Experimente schliet sie MRT-Untersuchungen an: "Die Kombination dieser Methoden ist wichtig", betont sie. "Um Verhalten zu verstehen, mssen wir wissen, welche Gehirnareale dafr verantwortlich sind." Einer ihrer Schwerpunkte liegt hierbei auf der Gesichtserkennung und dem dafr zustndigen Teil des Gehirns. Bei diesem Areal ist sich die Forschung noch uneins, ob es sich im Laufe des Lebens weiterentwickelt oder nicht. "Ich habe Hinweise darauf gefunden, dass sich zwar nicht die Grob-, aber die Feinstruktur noch verndert", erlutert Sarah Weigelt.

Ihre Erkenntnisse knnten Erkrankten zugute kommen, bei denen soziale Wahrnehmungsmechanismen gestrt sind: Menschen mit Autismus. Bislang ist nur sehr wenig ber die Ursachen dieser Krankheit bekannt. Sarah Weigelt mchte ihr Wissen deshalb nutzen, um die Autismus-Forschung in Deutschland voranzubringen. ber eine Website spricht sie Menschen mit Autismus knftig gezielt an und bietet ihnen die Mglichkeit, an Online-Experimenten teilzunehmen.

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Weitere Informationen:
http://www.entwicklungsneuropsychologie.de - Arbeitsgruppe "Developmental neuroimaging"
http://www.uni-muenster.de/PsyIFP/AESchubotz/personen/sweigelt.html - Die Forscherin Dr. Sarah Weigelt

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