Werder – WESER

Robin Dutt hat seine Trainerausbildung an der Hennes-Weisweiler-Akademie im Juni 2005 mit der Gesamtnote 1,4 als Jahrgangsbester abgeschlossen. Sehr gut schnitt Dutt unter anderem im Bereich Sport-Psychologie ab. Das ist tröstlich für Werder, denn in diesem Fach wird der Trainer in den nächsten Wochen ganz besonders gefordert sein – und zwar nach innen und nach außen; in der Arbeit mit der Mannschaft und im Umgang mit den Fans.

Seine neue Mannschaft muss der Trainer nach der neuerlichen Enttäuschung wieder aufrichten. Das 0:1 in Dortmund und das 1:4 in Mönchengladbach ließ sich noch irgendwie moderieren – die beiden Borussias, damit durfte man sich trösten, sind unstrittig besser besetzt als Werder und damit nicht Bremer Kragenweite. Das 0:3 gegen Eintracht Frankfurt dagegen dürfte länger nachwirken, vor allem wenn man auch noch die blamable Vorstellung zwischendurch beim 1:4 im Testkick auf St. Pauli dazurechnet.

Rück- statt Fortschritte

Wie soll man umgehen mit einer Mannschaft, die keinen gefestigten Eindruck hinterlässt, sondern gefühlt eher Rück- als Fortschritte macht? Thomas Eichin sagte am Sonnabend, dass es nichts bringe, nun „schlechte Stimmung“ zu verbreiten, was zweifelsfrei ein gesunder Gedanke des Sportchefs ist. Andererseits: Anlass für Optimismus bietet diese Mannschaft im Moment auch nicht. Zwar kam sie diesmal endlich zu einer Mehrzahl an Torchancen, dafür aber war sie dem Gegner in fast allen anderen Belangen klar unterlegen; von Spielanlage über Körpersprache bis hin zu individueller Qualität.

Weder Sebastian Prödl noch Assani Lukimya bekamen den Frankfurter Mittelstürmer Vaclav Kadlec in den Griff. Über Außen kombinierten sich die Frankfurter phasenweise nach Herzenslust in den Bremer Strafraum. Im Mittelfeld gelingt es Cedrick Makiadi, Aaron Hunt und Mehmet Ekici einfach nicht, Zug und Ideen ins Bremer Offensivspiel zu bringen. Torgefährliche Stürmer sind weit und breit nicht in Sicht: Eljero Elia hat in nun schon 15 Bremer Monaten immer noch kein Bundesliga-Tor geschossen, Nils Petersen seit Mitte Februar nicht mehr getroffen, und Franco Di Santo wird es in den nächsten Wochen auch nicht tun, da er dann gesperrt ist.

Trübe Aussichten im anstehenden tristen Herbst. Denn es sind ja nicht nur die Werder-Profis, die nach der dritten Bundesliga-Niederlage in Folge einigermaßen ratlos wirken. Auch das Bremer Publikum muss den rechten Umgang mit der Fortsetzung der Serie von enttäuschenden Heimauftritten erst noch finden. Am Sonnabend tat es das mit einer Mischung aus starrem Schrecken, lautstarker Enttäuschung und zarter Aufmunterung. „Angemessen“ fand Dutt die Reaktion der Fans. „Es ist gut, dass es kein völliges Draufhauen auf die Mannschaft gegeben hat“, sagte Dutt, „es ist aber auch okay, dass man nicht alles kommentarlos hinnimmt.“

Genau diesen Spagat zwischen dem, was die Fans sich wünschen, und dem, was die Mannschaft geben kann, muss Dutt hinbekommen. Der Psychologe Dutt spricht von einer „Gratwanderung“. Er sagt: „Ich möchte nicht, dass Bremen in Hoffnungslosigkeit versinkt. Ich will den Leuten aber auch nichts vorgaukeln.“ An die Geduld der Fans mag Dutt dabei schon nicht mehr appellieren. Dafür weiß er zu genau, dass die Bremer davon schon reichlich aufgebracht haben in den vergangenen zwei, drei Jahren.

Reden, üben, trainieren

Also führt Dutt viele Gespräche, lässt arbeiten, Laufwege einüben, Spieleröffnungen trainieren. Bis sich dauerhaft Erfolge einstellen würden, könne Zeit vergehen, sagte er erst gestern wieder. Ein Neuaufbau, wie Werder ihn vor sich habe, könne zwei, drei Jahre dauern, hatte am Tag zuvor unmittelbar nach dem Spiel Thomas Eichin angemerkt: „Ich weiß aber natürlich, dass wir diese Zeit nicht haben.“ Was das ganze Unterfangen nicht eben einfacher macht.

Lukimya sieht Mielitz als Gewinner in der Torwartdiskussion

n Die ganze Woche über war es ein Thema gewesen, je nach Zeitung und TV-Sender mal mehr, mal weniger groß: eine mögliche Rückkehr Tim Wieses zu Werder. Die Frage am Sonnabend lautete nun: Wie würde Werders aktuelle Nummer 1, Sebastian Mielitz, die teilweise sehr emotional geführte Diskussion wegstecken?

Nach dem Frankfurt-Spiel darf man festhalten: gut. Mielitz hielt dem Druck stand, leistete sich – im Unterschied zu seinen Vorderleuten – keine folgenschweren Fehler. Gestern Vormittag absolvierte er – anstatt mit den Journalisten zu reden – lieber noch eine kleine Sonderschicht mit Torwarttrainer Marco Langner. An Mielitz’ Stelle redeten andere. Etwa Innenverteidiger Assani Lukimya: „,Miele‘ ist ein selbstbewusster Junge. Ich finde, dass er sehr gut mit dem Thema umgegangen ist. Schade ist, dass das Thema so gepusht wurde. Aber ich glaube, dass ,Miele‘ als großer Gewinner aus dieser Situation herauskommen kann.“

Für Trainer Robin Dutt war die Torwartfrage am Tag nach dem 0:3 keine Analyse wert. „Ich glaube“, sagte der Werder-Trainer, „dass unser Auftreten gegen Frankfurt dieses Thema in den Hintergrund gerückt hat.“ Sollte heißen: Werder hat andere Sorgen als Torwartsorgen. (mhd)

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