„We Need to Talk About Kevin“ – Die Psychologie des Attentäters

In Evas Kopf mischen sich glückliche und tragische Bilder in einem wüsten Strudel, und man würde den Traumata dieser Frau nicht gerecht, wenn man diese Bilder in einer Chronologie montierte. Als sich die Mutter zum regelmäßigen Besuch bei ihrem Sohn im Gefängnis einfindet, schneidet die Regisseurin Evas Erinnerungen an eine Schwangerschaftsgymnastik in die Sequenz. In der Literatur würde man von Gedankenstrom-Technik sprechen, doch Lynne Ramsay verzichtet auf eindeutige Anschlüsse, die uns mitteilen könnten: Aha, das ist es also, was die Protagonistin gerade denkt. Viel entscheidender für die Wirkung dieser Bilder ist, dass wir sie genau in diesem Moment zu sehen bekommen. So ist Ramsays Montage subjektiv und objektiv zugleich – und entfernt sich deutlich von der literarischen Vorlage des amerikanischen Autors und Journalisten Lionel Shriver. Dieser wählte die Form eines Brief-Romans und entschied sich damit eindeutig für Evas Perspektive.

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