18.05.2012 - (idw) Philipps-Universitt Marburg
Marburger Studentin Maria Langstroff verffentlicht Buch ber das Leben mit Behinderung
Am 15. Mai ist ein Buch ber den Umgang mit behinderten Menschen erschienen: Mundtot!? Wie ich lernte meine Stimme zu erheben - eine sterbenskranke junge Frau erzhlt". Die fnfundzwanzigjhrige Autorin Maria Langstroff aus Schwalmstadt studiert seit acht Semestern an der Philipps-Universitt im Lehramtsstudiengang Anglistik, Germanistik und Pdagogik sowie zustzlich im Fernstudium Psychologie. Dabei kann sie schon lange keine Vorlesungen mehr besuchen und ist auf besondere Prfungsformen angewiesen. Wegen einer schubweise fortschreitenden, noch nicht nher identifizierten Muskelkrankheit lebt sie seit 2010 in einem Pflegeheim. Da sie in ihrer Bewegungsfreiheit mittlerweile fast vllig eingeschrnkt und fast erblindet ist, lsst sie sich zwischen den zahlreichen Therapieterminen den Unterrichtsstoff von Freunden oder dem Computer vorlesen. Ihre Hausarbeiten diktiert sie oder tippt sie mit der rechten Hand, die als einziges Glied noch bewegungsfhig ist, in eine Handytastatur.
Auf diese Weise entstand auch das eben erschienene Buch, in dem sie ihre Begegnungen mit Menschen, die mit ihrer Behinderung nicht zurechtkamen, kritisch reflektiert. Motiviert habe sie dabei zweierlei, berichtet Langstroff: Zum einen mchte ich Menschen eine Stimme geben, die selbst keine Stimme mehr haben. Ich mchte fr jene 8,7 Prozent der Menschen mit Schwerbehinderung in Deutschland aussprechen, was sonst unausgesprochen bleibt. Zum anderen mchte ich eben den Leuten, die sich abfllig und diskriminierend verhalten, die Augen ffnen. Ich will, dass sie begreifen, wie verletzend ihr Verhalten ist. Sie schreibe an gegen Diskriminierung und kmpfe so fr Respekt und Wrde. Wer einmal mit ihr gesprochen hat, begreift, dass das Schlimmste fr sie ist, sich in irgendeiner Form entmndigt zu fhlen, charakterisiert sie Dr. Sabine Heuser, bei der Langstroff Anglistik studiert.
Neben verstrenden Erfahrungen habe die junge Autorin auch positive gemacht: Sehr gern denke ich an meine Schulpraktischen Studien zurck, meine Schler waren ganz wundervoll. Ich habe stets versucht, meinen Schlern Respekt entgegenzubringen, und bin von ihnen auch dementsprechend behandelt worden. Sie haben nie meinen Rollstuhl in den Vordergrund gestellt, sie haben mich, meiner Ansicht nach, als Mensch akzeptiert. Diese Erfahrung sei sehr beglckend gewesen, denn seit sie denken knne, habe sie Lehrerin werden wollen.
Als es ihr noch besser ging, war sie in ihrem Rollstuhl eine bekannte Figur in der Philosophischen Fakultt, erzhlt Stefan Serafin, den mit Langstroff neben dem gemeinsamen Studium eine tiefe Freundschaft verbindet. Von ihr geht eine enorme Kraft und Zielstrebigkeit aus, sie steckt voller Projekte und Ideen, und die intellektuelle Auseinandersetzung mit ihr verluft immer auf hohem Niveau. Ihn beeindrucke vor allem ihre enorme Merk- und Konzentrationsfhigkeit, die sie beim Schreiben und Redigieren ihrer Texte fast tglich unter Beweis stelle. Sie beharrt selbst dann noch - mit einem Lcheln auf dem Gesicht - auf korrektem Deutsch und richtiger Zeichensetzung, wenn ich fr sie nur einen Kommentar auf Facebook poste, bemerkt er.
Als sich ihr Zustand verschlechterte und sie ins Pflegeheim zog, berlegte ich Semester fr Semester, welche meiner Seminare fr sie in Frage kommen, bei denen also die Nichtteilnahme an den Sitzungen nicht automatisch ein K.O.-Kriterium darstellte, weil sie darauf bestand, weiterhin Scheine zu machen, erzhlt Ahrens. Mit Kleingruppen habe er am Krankenbett schulpdagogisch relevante Fragen mit ihr diskutiert. Auerdem seien alternative Prfungsformen vonnten gewesen, die im Pflegeheim durchgefhrt werden konnten. Sie konnte in einer Krankheitsphase berhaupt nicht mehr sprechen und musste in einem vllig abgedunkelten Zimmer liegen, berichtet Ahrens. Ihre Antworten auf die Prfungsfragen tippte sie mit eisernem Willen in ein Handy. Es war sicherlich die anstrengendste, aber eben auch beeindruckendste Prfung, die ich bislang erlebt habe, bekennt er. Gleich nach der Prfung habe Langstroff per Handy angefragt, an welchem Seminar sie im kommenden Semester teilnehmen knne.
Ich bin eine Kmpfernatur, sagt die ehemalige Leichtathletin, die als Teenager auch modelte, von sich selbst. Doch habe sie lange gebraucht, um ihre unheilbare Erkrankung zu akzeptieren und sich zuerst mit dem Leben im Rollstuhl, dann mit dem im Krankenbett abzufinden. Geholfen haben mir meine Projekte, um am Leben festzuhalten, bekennt sie. Eines dieser Projekte sei das Buch gewesen, nun trume sie davon, eine Lesung zu geben oder nochmals zur Uni zu gehen. Ich mchte versuchen, mein Studium bis zum Ende durchzuziehen, die Frage ist natrlich, ob das zu schaffen ist, bekrftigt Maria Langstroff. Und dann? Einmal eine Klasse zu unterrichten, wnscht sie sich.
Weitere Informationen:
Maria Langstroff: Mundtot!? Wie ich lernte, meine Stimme zu erheben - eine sterbenskranke junge Frau erzhlt. Schwarzkopf + Schwarzkopf Verlag: 2012.
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Weitere Informationen:
http://www.maria-langstroff.de/