Studienfinanzierung – WESER

Nadine Köster bezieht Bafög. Sie hat drei Jobs. Und sie studiert Psychologie an der Uni. Die 27-Jährige kombiniert das einigermaßen mühelos, zumindest hört es sich so an, wenn man mit ihr spricht: Sie klingt vergnügt. „Wenn man sich etwas umschaut und gut informiert, was man verdienen darf und an welche Regeln man sich halten muss, bekommt man es ganz gut hin, sich zu finanzieren“, sagt sie.

Zwei ihrer Jobs sind an der Uni angesiedelt, einem der größten Arbeitgeber für Studenten. Nadine gibt dreimal pro Woche ein Statistik-Tutorium in ihrem eigenen Fachbereich, das sind zwölf Wochenstunden bei einem Stundenlohn von 8,50 Euro. Außerdem organisiert sie den Kindergarten „Uni-Krümel“ mit, noch mal 20 Stunden im Monat. Und schließlich arbeitet sie noch ein paar Stunden im Monat als Selbstständige. So verdient sie knapp 400 Euro im Monat. Hinzu kommen fast 500 Euro Bafög.

Finanzquelle Eltern

Insgesamt kommt Nadine auf 850 bis 900 Euro im Monat. Damit liegt sie im Schnitt der sogenannten Normalstudierenden. Als Normalstudierende bezeichnet das Deutsche Studentenwerk (DSW) alle Vollzeitstudenten im Erststudium, die nicht mehr zu Hause wohnen. Sie machen zwei Drittel aller Studierenden aus. Diese als Norm definierten Studenten hatten im Sommersemester laut der aktuellen Sozialerhebung des DSW durchschnittlich 864 Euro im Monat zur Verfügung.

Die drei wichtigsten Säulen der Studiumsfinanzierung sind immer noch die Eltern, der Nebenjob und das Bafög. Eltern unterstützen ihre Kinder in der Ausbildung im Schnitt mit 476 Euro pro Monat. Ab dem 28. Lebensjahr löst der eigene Verdienst die Unterstützung der Eltern als größte Einnahmequelle ab. Nebenjobs sind aber auch schon vorher die zweitwichtigste Säule: Zwei von drei Bremer Studenten jobben. Damit liegt Bremen im Mittelfeld. In Köln, Frankfurt oder Hamburg jobben drei von vier Studenten, in Halle oder Jena weniger als jeder Zweite. Dazu passt die Höhe der Mietkosten: Bremen rangiert mit einer durchschnittlichen Warmmiete von 308 Euro auf Platz 15 und liegt fünfzig Euro unter Hamburg, München und Köln.

Die dritte Säule der Finanzierung ist das Bafög, die staatliche Ausbildungsförderung. Etwa ein Viertel aller Studierenden erhält Bafög, im Schnitt 443 Euro. 80 Prozent der Geförderten sagen, ohne die finanzielle Hilfe könnten sie nicht studieren. Bildungskredite, wie sie die Deutsche Bank oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) anbieten, nehmen nur zwei Prozent auf. Und auch nur vier Prozent der Studenten erhalten ein Stipendium. Ohnehin werden Stipendien nach Angaben des DSW besonders häufig an Studenten aus begüterteren Bildungsfamilien vergeben.

Dazu äußert sich Jan Cloppenburg vom Asta, dem Allgemeinen Studierendenausschuss. Er kritisiert, dass zwar die Fördersätze der großen parteinahen Stiftungen für Stipendien stark gestiegen seien, nicht aber das Bafög. „Der Büchersatz der Begabtenförderung ist von 80 Euro vor zwei Jahren auf 300 Euro gestiegen, aber das Geld kommt meist denen zugute, die es nicht unbedingt brauchen“, sagt Jan Cloppenburg. „Das Bafög muss ausgebaut werden, alles andere sind Krücken.“

Anpassung gefordert

Für eine Erhöhung des Bafög-Satzes plädiert auch das Studentenwerk. Das Bafög müsse automatisch an die Preisentwicklung angepasst werden, fordert Dieter Timmermann, Präsident des Studentenwerks. Er will außerdem, dass die Kapazitäten von Mensen und Wohnheimen ausgebaut werden. „Bund und Länder schaffen zusätzliche Studienplätze. Nun muss auch die soziale Infrastruktur endlich mitwachsen.“

Vergleichsweise gut steht Bremen bei den Transportkosten für Studierende da: In den 261 Euro für den aktuellen Semesterbeitrag sind 134 Euro für das Semesterticket enthalten. Dieser Betrag steigt zwar seit Jahren leicht, dennoch biete Bremen ein gutes Angebot, sagt Jan Cloppenburg vom Asta. „Bei der Mobilität sind wir ganz gut aufgestellt und können ein dichtes, weites Netz nutzen.“ Mit dem Semesterticket lassen sich Hamburg, Hannover, Osnabrück oder Cuxhaven kostenlos erreichen.

Nicht alle Studenten sind so zufrieden mit ihrer Finanzsituation wie Nadine Köster. Ihre Bilanz klingt – trotz drei Jobs – positiver als die mancher anderer. Vielleicht liegt es daran, dass manche ihrer Jobs Bezug zu ihrem Wissen und ihrem Studium haben. Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass sie selbst sagt, sie arbeite mehr, als sie müsste, um sich dafür in ihrer Freizeit manches leisten zu können: Sie spielt Theater, segelt gern und singt im Chor. Auch das kostet Geld. Und: „Ich will nicht bei jedem Kaffee ein schlechtes Gewissen haben“, sagt Nadine.

Zeit fürs Studium

n Studierende investieren durchschnittlich 35 Stunden pro Woche in ihr Studium. Diese Zeit verteilt sich auf 18 Stunden für Vorlesungen und Seminare und 17 Stunden für das Selbststudium. Wer jobbt, arbeitet im Schnitt 13 Stunden pro Woche, hat sechs Stunden weniger Zeit fürs Studium und kommt auf eine 42-Stunden-Woche.

In Bremen sind neben der Uni beispielsweise das Universum und das Cinemaxx größere Arbeitgeber für Studenten. Neben klassischen Jobs in der Gastronomie, auf Messen, in der Marktforschung oder auf dem Wochenmarkt arbeiten viele Studenten in der Jugend- oder Behindertenhilfe oder in den Semesterferien bei Daimler.

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