Selbstbewusst in die Schule kommen

ELTERN family: Die meisten Kinder freuen sich auf
die Schule. Was stellen sie sich darunter
vor?


Prof. Chistina Krause:
Mit Schule verbinden Kindergartenkinder
vor allem eines: Da lernt man Lesen,
Schreiben und Rechnen. Das ist natürlich
sehr attraktiv, denn wenn man diese
Dinge kann, gehört man zu den Großen.

Trotzdem wünschen sich ein paar
Wochen nach der Einschulung nicht
wenige Kinder zurück in den Kindergarten.


Nach der Einschulung stellen viele Jungen
und Mädchen zum ersten Mal in
ihrem Leben fest, dass Lernen in der
Schule mit drei Dingen verbunden ist:
Man muss sich anstrengen, man muss
auch dann dranbleiben, wenn man keine
Lust hat, und man macht Fehler. Alles
das finden manche Mädchen und
Jungen gar nicht so leicht.



Aber nicht jedes Kind lässt sich davon
entmutigen. Woran liegt das?


Das ist ein interessanter Punkt. Man
kann dieses Phänomen überall beobachten:
Es gibt Kinder, die schnell den
Kopf hängen lassen, und andere, die
trotz Anstrengung und Misserfolgen
tapfer weitermachen.
Beides ist kein Zufall. Den Kindern, die
unverdrossen davon ausgehen, dass sie
das Tief überwinden werden, wird regelmäßig
der Rücken gestärkt. Sie haben
Eltern, die stolz auf sie sind, und sie genießen
die Anerkennung der Lehrerin.
Daraus schlussfolgern sie: "Ich schaffe
das, auch wenn es nicht sofort klappt!"

Können Sie das etwas genauer beschreiben?

Schulanfänger müssen ihren Lernerfolg
vor allem daran festmachen, wie
kompetent sie von ihren Müttern, Vätern
und Lehrerinnen eingeschätzt
werden. Das liegt daran, dass sie in den
ersten beiden Schuljahren ihre Leistungen
allein noch nicht einordnen
können. Das schaffen sie erst etwa ab
Klasse 3. Und wie sie sich dann einschätzen,
hängt wiederum stark davon
ab, welches Feedback sie in den Jahren
zuvor erhalten haben.

Das heißt, um sich selbst gut finden
zu können, muss man erst mal
gut gefunden werden?


Genau. Das Gefühl, ein wertvolles und
geliebtes Kind zu sein, entsteht in der
Kommunikation mit anderen Menschen,
zuallererst natürlich in der Familie.
Von den Eltern erhält das Kind
Antworten auf die Fragen: Was kann
ich? Wo darf ich mitbestimmen? Und:
Was halten die anderen von mir? Je positiver
die Bilanz ist, desto besser fühlt
man sich und umso leichter kann man
mit Schwierigkeiten fertig werden.

Das heißt, Kinder brauchen Eltern,
die von ihnen begeistert sind. Mit
dem Schulstart wird das schwieriger.
Woran liegt das?


Der Blickwinkel aufs Kind verändert
sich. Vorher drehte sich alles darum,
was ein Kind schon kann, jetzt zunehmend
um all das, was es noch nicht
schafft.

Und das hat Folgen?

Absolut. Je stärker der Fokus auf den
Fehlern liegt, desto größer ist der
Knacks, den das Selbstwertgefühl eines
Kindes erleidet.

Wie können Eltern vermeiden, in
diese Falle zu tappen?


Bestärken Sie Ihr Kind! Und zwar gerade
dann, wenn es mit dem Lesen,
Schreiben oder Rechnen nicht auf Anhieb
klappt. Ein Kind, das weiß: "Meine
Eltern mögen mich so, wie ich bin", hat
dem Leistungsdruck in der Regel so viel
entgegenzusetzen, dass es auch in
schwierigen Schulphasen nicht den
Mut verliert.

Aber man muss doch auch mal Kritik
äußern dürfen!


Natürlich. Wichtig ist dabei nur, dass
das Verhalten und niemals die Person
an sich infrage gestellt wird. Sagen Sie
Ihrem Kind zum Beispiel: "Deine
schlechte Laune gefällt mir überhaupt
nicht" anstelle von "Du bist eine richtige
Nervensäge". Geben Sie ihm das
Gefühl, dass es als Mensch liebenswert
und wertvoll ist, auch wenn Sie sein
Verhalten in diesem Moment nicht in
Ordnung finden.

Linktipp

Angebote, die auf der Forschung
von Christina Krause beruhen,
finden Sie auf der Internetseite www.kess-ev.de. Der Kess e. V. unterstützt
Bildungseinrichtungen und Familien
bei der Gesundheitsförderung von Kindergarten-
und Grundschulkindern.

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