Religiöse Menschen sind anfälliger für Vorurteile – Tages

Teilnehmer der Europride 2009 in Zürich, Juni 2009.

Religiöse Menschen sind homophober als nicht-religiöse: Teilnehmer der Europride in Zürich, Juni 2009. (Bild: Keystone)

Gläubige Menschen sind gegenüber Mitmenschen offen, tolerant und mitfühlend. Das ist die vorherrschende Meinung. «Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst» ist ein Leitspruch der christlichen Glaubensgemeinschaften, der tief verankert ist im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Der gütige Vater und der barmherzige Jesus sind gängige Stereotypen. Die biblische Aufforderung, die Feinde zu lieben und die andere Wange hinzuhalten, runden das Bild von der friedlichen Heilslehre ab, die abfärbt auf die Mentalität der Gläubigen. Doch stimmen diese Vorstellungen mit der Realität überein?

Eine Untersuchung der Bielefelder Psychologie-Professorin Beate Küpper zeichnet ein weniger schmeichelhaftes Bild von Gläubigen. Wenn es um Rassismus, Sexismus und Homophobie geht, schneiden religiöse Menschen schlecht ab. Die Studie, die sich auf Deutschland bezieht, stellt vor allem den Protestanten in den östlichen Bundesländern schlechte Noten aus. Diese neigten besonders rasch zu rassistischen Äusserungen, fand Beate Küpper heraus.

Die Psychologie-Professorin forscht seit Jahren auf dem Gebiet der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit. Sie hat allgemein festgestellt, dass Protestanten und Katholiken schneller zu Vorurteilen greifen als glaubensferne Menschen. Die Ursache sieht sie im traditionellen Absolutheitsanspruch des Christentums. «Dass meine Religion anderen Religionen überlegen ist, zeigt eine Einteilung in besser und schlechter», erklärt Beate Küpper diese Denkweise. Ausserdem hätten laut ihrer Studie viele eine äusserst positive Meinung von sich selbst. Sie fühlten sich in ihren Bewertungen sehr sicher.

Konkret: Über ein Fünftel der deutschen Protestanten stimmten der Aussage zu, Weisse seien zu recht führend in der Welt, bei den Glaubensfernen waren es nur 12 Prozent. Gar über 60 Prozent der Gläubigen stimmten der These zu, in Deutschland lebten zu viele Ausländer. Und fast die Hälfte der befragten Protestanten und Katholiken gab an, Ausländer sollten nach Hause geschickt werden, wenn die Arbeitsplätze knapp werden.

Diese Tendenz war auch in der Schweiz bei der Minarett-Initiative spürbar: Die Stimmung bei Freikirchen-Gläubigen für das Anliegen war offensichtlich.

«Die Kirche muss sich endlich fragen, was da schief läuft», resümiert die Psychologie-Professorin.

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