Ralph Hertwig ist neuer Direktor am Berliner Max-Planck-Institut für …

19.11.2012 - (idw) Max-Planck-Institut fr Bildungsforschung

Wie knnen Entscheider aus Fleisch und Blut und keine idealisierten Entscheidungsagenten mit der atemberaubenden Komplexitt sozialer und nicht-sozialer Umwelten umgehen? Am Berliner Max-Planck-Institut fr Bildungsforschung widmet sich ab sofort ein neuer Forschungsbereich unter der Leitung von Ralph Hertwig dieser und anderen zentralen Fragen des Entscheidens.
Hertwig, der zuvor Professor fr Kognitionswissenschaft und Entscheidungspsychologie und Dekan der Fakultt fr Psychologie an der Universitt Basel war, ist Experte fr die kognitiven Grundlagen menschlichen Entscheidens. In seiner Forschung grenzt er sich von einer verbreiteten These seiner Profession deutlich ab: "Wir stimmen explizit nicht mit dem Glauben vieler Erforscher des menschlichen Geistes und Gehirns berein, der besagt, dass die Lsung komplexer Probleme komplexe kognitive Strategien und Algorithmen erforderlich mache", erklrt der neue Direktor eine Grundannahme seines Forschungsbereichs. Stattdessen knne effizientes Denken, Entscheiden und Verhalten mithilfe von einfachen adaptiven Heuristiken beschrieben werden, so Hertwig weiter. Diese Heuristiken einfache Regeln und Strategien, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lsen sind erstaunlich leistungsfhig, weil sie zum Beispiel gut unter Bedingungen begrenzten Wissens funktionieren oder sich kognitive Einschrnkungen wie das Vergessen zunutze machen knnen.

Zurck oder in die Zukunft: Wie entscheiden sich Zeitreisende?

Ein besonderes Augenmerk wird der Psychologe auf die Frage richten, welche Rolle adaptive Heuristiken in sozialen Umwelten spielen, also beispielsweise: Wie verteilen wir unsere begrenzten Ressourcen auf andere, und wie knnen wir von der "Weisheit von vielen" in wichtigen Entscheidungssituationen profitieren? Wie und ob sich Entscheidungsprozesse ber die Lebensspanne verndern, steht ebenfalls im Fokus der Forschung. Dabei hat sich der gebrtige Heilbronner auch schon mit imaginren Zeitreisen beschftigt und nachgewiesen, dass sich ltere Menschen, entgegen altersbezogenen Stereotypen, nicht vorwiegend der Vergangenheit zuwenden, sondern lieber in die Zukunft reisen wrden. Hertwig: "Derartige Forschungsarbeiten bieten Einblicke in die Psychologie des Alters, die wir besser verstehen wollen."

Weitere Themen, mit denen sich der neue Forschungsbereich "Adaptive Rationalitt" beschftigen wird, sind die biologischen Grundlagen von Risikoverhalten, der Nutzen kognitiver Beschrnkungen und die Frage, wie man rzten, Patienten und Angehrigen helfen kann, schwierige medizinische Entscheidungen zu treffen.

Interdisziplinaritt und Vielfalt der Methoden

Mit seinem internationalen und interdisziplinren Team, das sich aus Psychologen, Neurowissenschaftlern, konomen, Philosophen, Biologen und Mathematikern zusammensetzt, will Hertwig Prozessmodelle der Informationssuche und des Entscheidens mit einer Vielzahl an Methoden testen, darunter Experimente, Umfragen und Computersimulationen. Neurowissenschaftliche Zugnge wie die Messung der elektrischen Aktivitt des Gehirns (Elektroenzephalografie, kurz EEG), Gehirnstimulationen mithilfe von Magnetfeldern (Transkranielle Magnetstimulation, kurz TMS) und die funktionelle Magnetresonanztomografie zur Darstellung von Reaktionen des Gehirns auf externe Reize (fMRT) kommen ebenfalls zum Einsatz.

Lebenslauf:
Ralph Hertwig studierte Psychologie an der Universitt Konstanz, wo er 1995 mit einer Arbeit ber statistisches Denken promoviert wurde. Er habilitierte 2003 an der Freien Universitt Berlin ber das Thema der begrenzten Rationalitt. Von 2003 bis 2012 war er Professor an der Universitt Basel. Er hat verschiedene Preise erhalten, darunter 2006 den Charlotte- und Karl-Bhler-Preis der Deutschen Gesellschaft fr Psychologie, und ist seit 2010 Mitglied der Leopoldina. Seit dem 1. Oktober 2012 ist Hertwig Direktor des Forschungsbereichs "Adaptive Rationalitt" und wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut fr Bildungsforschung.


Ausgewhlte Publikationen:
Hertwig, R., Hoffrage, U., the ABC Research Group (in press). Simple heuristics in a social world. New York: Oxford University Press.

Gigerenzer, G., Hertwig, R., Pachur, T. (Eds.). (2011). Heuristics: The foundations of adaptive behavior. Oxford: Oxford University Press.

Hertwig, R. (2012). The psychology and rationality of decisions from experience. Synthese, 187, 269-292.

Hills, T., Hertwig, R. (2011). Why aren't we smarter already? Evolutionary trade-offs and cognitive enhancements. Current Directions in Psychological Science, 20, 373-377.


Max-Planck-Institut fr Bildungsforschung:
Das MPI fr Bildungsforschung wurde 1963 in Berlin gegrndet und ist als interdisziplinre Forschungseinrichtung dem Studium der menschlichen Entwicklung und Bildung gewidmet. Das Institut gehrt zur Max-Planck-Gesellschaft zur Frderung der Wissenschaften e.V., einer der fhrenden Organisationen fr Grundlagenforschung in Europa.

Kontakt:
Max-Planck-Institut fr Bildungsforschung
Dr. Britta Grigull
Leiterin Presse- und ffentlichkeitsarbeit
Telefon: +49 (0)30 82406-211
grigull@mpib-berlin.mpg.de

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Weitere Informationen:
http://www.mpib-berlin.mpg.de - Homepage MPI fr Bildungsforschung
http://www.mpg.de - Homepage Max-Planck-Gesellschaft

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