Prozess: Berliner fälschte Idiotentests gegen Bezahlung

Geständnis zum Prozessauftakt: Ein 36 Jahre alte Angeklagter hat eingeräumt, Gutachten für die sogenannte Idiotentests gefälscht zu haben. Er habe die Berichte der Medizinisch-Psychologischen Untersuchungen (MPU) gegen Bezahlung "so verändert, dass es ein positives Ergebnis gab", sagte der ehemalige Psychologie-Student am Montag vor dem Landgericht Berlin. Ihm wird neben Urkundenfälschung auch der Missbrauch von Titeln vorgeworfen. Laut Anklage soll er sich sein Diplomzeugnis selbst ausgestellt haben.

Zwischen Oktober 2007 und März 2010 soll er in 91 Fällen negative MPU-Berichte und weitere 29 dafür erforderliche Alkohol- und Drogenscreenings zugunsten von Betroffenen gefälscht haben, so dass diese einen neuen Führerschein erhielten. Von drei gesondert verfolgten Geschäftsleuten, die jeweils Vorbereitungskurse für die sogenannten Idiotentests anboten, soll der Angeklagte "je nach Schwere des Verstoßes" im Einzelfall zwischen 200 und 1.500 Euro bekommen haben.

Marktlücke ausgenutzt

Den Probanden war wegen wiederholter Verkehrsverstöße wie Fahren unter Alkohol und Drogen die Fahrerlaubnis entzogen worden. Der Staatsanwaltschaft zufolge wurde ihnen von den Unternehmen für einen "hohen Preis" die Neuerteilung des Führerscheins garantiert. "Das war eine Marktlücke", sagte die Anklägerin. Der Angeklagte habe ganz genau gewusst, dass die Betroffenen für den Straßenverkehr ungeeignet seien. Sie sah darin eine "Gefährdung der Allgemeinheit". Es sei ein Problem, dass die sogenannten MPU-Gutachter "nicht vereidigt sind". Sie könnten daher auch nicht wegen Bestechung, sondern nur wegen Urkundenfälschung belangt werden. "Hier wäre der Gesetzgeber gefordert", sagte die Staatsanwältin.

Fälschungen wie am "Fließband"

Der Angeklagte war nach eigener Aussage von einem Unternehmer, der derartige Vorbereitungskurse anbot, "immens unter Druck gesetzt worden", Negativgutachten zu korrigieren. Nach seiner ersten Fälschung sei er "im Sumpf drin gewesen", sagte er. "Das war Fliesbandarbeit." Der Geschäftsmann wurde wegen dieser Taten bereits 2010 zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt.

Der Angeklagte war im Tatzeitraum freier Mitarbeiter bei einem zertifizierten Institut für Medizinisch-Psychologische Untersuchungen in Berlin. Sein Diplomzeugnis in Psychologie soll sich der aus einer Psychologenfamilie stammende Mann 2007 am Computer selbst erstellt und später seinen Doktortitel übers Internet für 13.400 Euro erworben haben. Er habe sich den Titel gekauft, weil sein Vater diesen Anspruch an ihn gehabt habe, sagte der 36-Jährige. Der Prozess wird am 18. Juli fortgesetzt.

Der Angeklagte räumte ein, Gutachten gefälscht zu haben, die negativ ausgefallen waren. Er habe sich Daten sowie Originalpapier aus dem Institut auf einem USB-Stick nach Hause mitgenommen und dort die Gutachten verfälscht. Ohne seine Mitwirkung hätten betroffene Autofahrer, die ihren Führerschein verloren hatten, diesen nicht zurückbekommen.

Der 36-Jährige räumte ein, gewusst zu haben, dass es gefährlich ist, wenn sich solche Autofahrer wieder hinter das Steuer setzen. Diesen Gedanken habe er verdrängt, erklärte er. Pro Fälschung hat er laut Anklage bis zu 1000 Euro erhalten. Eigenen Angaben nach erhielt er insgesamt rund 37.000 Euro. Dem Angeklagten werden gewerbsmäßige Urkundenfälschung und Missbrauch von Titeln vorgeworfen.

Staatsanwältin Christine Höfele kritisierte am Rande des Prozesses, dass Gefälligkeitsgutachter wie der Angeklagte nicht wegen Korruption verurteilt werden können, weil sie keine Amtsträger sind. Die Gefahr für die Allgemeinheit sollte in einer Gesetzesänderung berücksichtigt werden, forderte sie.

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