Narzissten kommen gut an – für kurze Zeit

Narzissten erobern schneller Herzen, finden aber seltener Freunde fürs Leben. Das haben Interaktionsstudien eines Psychologen aus Münster an Studenten ergeben.

"Wir haben das empirisch bei ersten Begegnungen untersucht. Je stärker man narzisstisch ist, desto besser kommt man an", sagte Prof. Mitja Back. "Bei Narzissten sagen befragte Kommilitonen häufig: "Finde ich sympathisch, würde ich gern besser kennenlernen."

Wenn man die Begegnungen der Versuchspersonen dagegen langfristig verfolgt, verkehrt sich die Begeisterung laut Back sehr häufig ins Gegenteil.

Narzissten machen sich auf Dauer unbeliebt

"Langfristig, wenn man Leute erst einmal gut kennt, sind narzisstisch geprägte Menschen häufig unbeliebter als andere", sagte der Professor. "Wenn jemand stark von sich überzeugt ist, anderen nicht zuhört und die ganze Zeit angibt, dann nervt das langfristig. Das ist deswegen sehr interessant, weil wir generell dazu neigen, eher bei unseren einmal gefällten Urteilen zu bleiben." Das diene dazu, sich selbst zu bestätigen und ein beständiges Bild der sozialen Umwelt aufrechtzuerhalten.

"Wenn wir Menschen sympathisch finden, gehen wir eher auf sie zu, lernen sie besser kennen, finden sie dadurch häufig immer sympathischer und so stabilisiert sich das."

Narzisstisch ist Back zufolge jeder Mensch, das Ausmaß sei jedoch wie die Körpergröße unterschiedlich verteilt. Die Studenten seien anhand von Fragebögen eingestuft worden.

Grandioses Selbstbild paart sich mit erhöhter Selbstdarstellung

Menschen mit starkem Narzissmus seien "Leute, die sehr stark von sich selbst überzeugt sind und ein grandioses Selbst aufrechterhalten wollen. Das geht oftmals mit einer erhöhten Selbstdarstellung einher."

Was aber andere Leute viel mehr störe: "Es ist auch verbunden mit geringerem Einfühlungsvermögen und geringerem Interesse für Andere - und zum Teil mit aggressiven Reaktionen, wenn dieser Selbstwert angegriffen wird."

Die Folge: "Kurzfristig sind Narzissten häufig beliebt, langfristig nimmt diese Beliebtheit dann meist deutlich ab", erklärte der Psychologe.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Narzissmus-Projekt. Es ist auf drei Jahre angelegt. Von Oktober an will Professor Back seine Forschungen in Münster noch näher an der Realität fortsetzen. "Über eine App auf dem Smartphone und ein Online-Tagebuch sollen Studierende ihre Interaktionen mit ihren Kommilitonen beurteilen.

Narzissten oft für Führungspositionen ausgewählt

So lässt sich auch nachvollziehen, wie sich Freund- oder Partnerschaften entwickeln und wie dieser komplexe soziale Prozess vom Narzissmus aller Beteiligten beeinflusst wird."

Dieselbe Falle lauert übrigens auch am Arbeitsplatz, wie der Wissenschaftler erläuterte. "Narzissten werden im beruflichen Kontext häufiger als Führungspersönlichkeiten ausgewählt. Sie treten in ersten Interaktionen dominant und selbstbewusst auf. Sie sind charmant", sagte Back. "Deswegen sagen Personalchefs: "In dessen Hand können wir das geben." Gleichzeitig findet man auch im beruflichen Kontext, dass es langfristig häufig negativ ausgeht."

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Gesten der Mächtigen

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