Kurz vor 12 Rodelsozio-Psychologie

Väterlicher Ehrgeiz entfaltet sich nicht beim Weihnachtsbasteln, sondern am Schlittenhang. Und zwar am besten auf einem schmalen, heiß umkämpften Abhang in der Nachbarschaft - am Sonntagnachmittag. Rodel-Sozio-Psychologen erklären, warum: Väter setzen unterbewusst die "Performance" ihres Nachwuchses beim Rodeln gleich mit ihrem persönlichen Lebenserfolg. Deshalb tun sie alles zur Optimierung der Technik, der Geschwindigkeit und der Strategien für den Aufstieg. Das Verhalten und die gewählten Gefährte sagen somit, worauf Ihr Mann im Leben zählt und wie er wirklich tickt!

Der Vollkasko-Rodler

Ist der Vater Ihrer Kinder ein sogenannter Vollkasko-Rodler, zeigt sich seine Liebe in jedem Gramm Schutzvorrichtung: Helm, Körperteilpanzerungen, Sicherheitsgurt und natürlich ein solider alter Holzschlitten, den er seit seiner Kindheit auf Zuverlässigkeit testet. Er kleidet sich und Kinder grell mit vielen Reflektoren, steckt sämtliche Stiefelkrempen sorgfältig in Hosen, Hände in Handschuhe, kontrolliert penibel Luftzugschlitze in der Halsgegend und fährt dann im Schritttempo, die Hacken in den Schnee gerammt und "Achtung, Achtung!" brüllend, die Piste runter. Unten kontrolliert der Vollkasko-Vater sofort, ob alle Gliedmaßen heil geblieben sind, ohne auf Rufe wie "Aus der Bahn Kartoffelschmarrn!" zu achten. Freuen Sie sich: Mit so einem Mann wird Ihren Kindern nie etwas passieren; Ihnen auch nicht – jedenfalls ganz bestimmt nichts Spontanes oder Verwegenes.

Der Zipfelbob-Fetischist




Ist Ihr Mann ein Zipfelbob-Fetischist, haben Sie ebenfalls Glück gehabt: Dieser Vater hat ein großes Männlichkeitsbewusstsein und vermittelt das handfest seinen Söhnen. Hier ist der Fokus klar: das Ding zwischen den Beinen, mehr braucht Mann nicht. Handschuhe – nein danke, die stören das Feingefühl; Mütze brauchen wir auch nicht, wir sind Männer und keine Memmen. Wenn dieser Mann auch noch ein stolzer Stehpinkler ist – freuen Sie sich, wie Freud sich gefreut hätte: Hier kommt kein Penisneid auf, seiner reicht mindestens für zwei!

Der Platz-da-Vater

Der dritte wunderbare Typus ist laut Rodelpsychologie der Platz-da-Vater. Dieser Mann lebt seinem Nachwuchs vor, wie er sich über alle Konventionen hinwegsetzt und dadurch uneingeschränkte Aufmerksamkeit bekommt. Platz-da-Väter kombinieren Understatement mit Klasse, indem sie ihre Kinder in Markenjeans und Turnschuhen zum Schlittenhang bringen, vorzugsweise mit Gerätschaften, die sich nicht steuern lassen und viel Raum erfordern: etwa trudelnde Teller, Autoreifen oder Surfbretter. Beim Runterfahren erleben die Platz-da-Kinder enorme Selbstwirksamkeitskräfte, wenn andere kreischend zur Seite springen, beim Raufgehen mitten auf dem Hang in Zweierreihen üben sie sich, unterstützt vom stolzen Blick des Vaters, in Selbstbehauptung. Und wehe, einer kritisiert dieses freiheitsliebende Verhalten: Da wird der Platz-da-Vater zum Löwen: Er sagt jedem Spießer ins Gesicht, dass er ja woanders hingehen kann und bringt somit auch anderen bei, wie groß die Welt ist, wenn man sich nur alle Freiheiten nimmt. Ja, so ein Vater ist die pure Inspiration und so manche Ehefrau nimmt von ihm freudig den Impuls an, das Weite zu suchen.

Der Plastiktüten-Rutscher




Nach all diesen herrlichen Väter-Vorbildern muss nun leider noch ein sehr tragisches Exemplar erwähnt werden: der Plastiktüten-Rutscher. Er blamiert sich und seine Kinder, indem er die Familie in markenfreie, womöglich gar aufgetragene Outfits steckt, wildfremde Eltern angrinst und seine Kinder gar mit Müllsäcken den Hang runterschickt. Er hält sich für was Besseres und instruiert deshalb seine Brut, nicht auf dem Hang, sondern abseits, auf dem Aufstiegsweg hochzugehen. Und das Peinlichste: Er feuert seine Kinder nicht von oben an, sondern rutscht selbst mit! Kreischend und johlend wie ein Geisteskranker. Also, wenn Sie so einen daheim haben: Herzliches Beileid. Denn egal, wie sehr Sie sich um einen gesunden Ausgleich bemühen – mit so einem ehrgeizlosen, weltfremden Mülltüten-Rutscher-Vater werden Ihre Kinder es nie aufs Gymnasium (oder in die Vorstandsetage) schaffen.

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