Kinder können über sexuellen Missbrauch oft nicht sprechen

Denis Köhler forscht an der Fachhochschule Düsseldorf über das Verhalten von Tätern. Gianna Schlosser sprach mit dem Psychologie-Professor über sexuellen Missbrauch.

Herr Köhler, wie hält ein Missbrauchstäter seine Tat geheim?

Er gewinnt Vertrauen, schafft Abhängigkeiten und durch unterschwellige Drohungen. Oft nutzt er das Schamgefühl und die Angst des Kindes: „Wir haben da ein großes Geheimnis, die anderen würden über dich lachen.“ Oder Schuldumkehr: „Du hast mich ja angemacht. Hättest du nicht das Röckchen getragen, hätte ich nichts getan.“ Es gibt Täter, die extrem manipulativ und betrügerisch sind, sich ein ganzes System stricken. Sie sind unauffällig, bauen eine Fassade auf.

Gibt es prädestinierte Opfer, etwa Kinder mit schlechter Bindung zu ihren Eltern?

2600 Kindesmissbrauch-Fälle werden jährlich in NRW angezeigt

Sexueller Missbrauch von Kinder und Jugendlichen ist in NRW alltäglich. Durchschnittlich 2 665 Fälle wurden seit 2008 jedes Jahr angezeigt. Studien gehen von weitaus mehr Opfern aus. Es gibt Strukturen und Abläufe, die sich bei vielen Fälle wiederholen. Ein aus realen Vergehen konstruierter Fall

Täter arbeiten immer gegen die Familie. Wenn der liebe Onkel etwas vorspielt, ist es viel verlangt, zu erkennen, dass der liebe Onkel die Ursache für das merkwürdige Verhalten des Kindes ist. Da müssten Eltern Super-Eltern sein, ohne eigene Probleme und mit Psychologieabschluss. Man kann das nicht auf eine
schlechte Beziehung zum Kind reduzieren. Es ist für ein hoch traumatisiertes Kind schwierig, sich jemandem anzuvertrauen. Gerade wenn der Täter aus dem sozialen Nahfeld ist, von den Eltern positiv eingeschätzt wird. Der Täter bettet seine Tat in eine Geschichte ein. Das Kind hat keine Sprache dafür. Diese Sprachlosigkeit finden Sie auf allen Ebenen. Stellen Sie sich vor, in der eigenen Familie passiert eine solche Tat. Was macht man beim nächsten Familienfest? Spricht man offen darüber? Sobald so etwas sehr nahe kommt, wird es oft zum Tabuthema.

Wie können Eltern einen Missbrauch bemerken, wenn der „liebe Onkel“ die heile Welt vorspielt?

Ein sexuell missbrauchtes Kind
zeigt immer Auffälligkeiten. Dann ist die Frage, ob Eltern das Verhalten des Kindes hinterfragen können. Oder sehen sie es als Erziehungsverweigerung, als trotziges Verhalten? Eltern sollten immer sensibel für Verhaltensänderungen des Kindes sein. Im Alltag ist das schwierig.

Was können Auffälligkeiten sein?

Rückzug, Einnässen, Stimmungsschwankungen oder andere Auffälligkeiten. Seltener, dass Kinder die Tat mit Puppen nachspielen. Das ist ein Stereotyp, dass Kinder das spielerisch darstellen. Es gibt viele Kinder, die mal Mama und Papa beim Sex nachspielen oder etwas, das sie im Fernsehen gesehen haben.

Das vollständige Gespräch finden Sie in unserem Recherche-Blog über sexuellen Missbrauch in NRW.

Gianna Schlosser

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