Jugendliche in Not suchen offenes Ohr

Unterstützung

Seit April beteiligt sich Neumarkt am Angebot des Kinderschutzbundes Regensburg. Junge Menschen finden dort Ansprechpartner.

von Bettina Dennerlohr

Die Berater besuchen ein Semester lang einen Ausbildungskurs an der FH Regensburg. Sie studieren Fächer wie Psychologie oder Erziehungswissenschaft. Foto: Zucchi

Neumarkt.Rat, Hilfe und ein offenes Ohr fasst rund um die Uhr – das bietet der Kinderschutzbund Regensburg Jugendlichen und Kindern in besonderen Notlagen an. Sowohl telefonisch als auch über das Internet gibt es Hilfe. Seit Anfang April unterstützt auch der Landkreis Neumarkt das Projekt offiziell. Das wird offenbar auch dringend gebraucht: In den vergangenen beiden Monaten haben sich bereits zwei Kinder und Jugendliche aus Neumarkt an die Berater gewandt, sagt Psychologin Anna-Katharina Wachter.

Sie leitet das Projekt Kopfhoch.de. Dort können sich Jugendliche nicht nur in einem Internetforum mit anderen Usern austauschen, sondern auch eine Einzelberatung in Anspruch nehmen. Vier bis fünf Stunden in der Nacht sind nicht abgedeckt, ansonsten ist ständig einer der Berater zeitnah zu erreichen, sagt Wachter. Das Team arbeitet ehrenamtlich und teilt sich die Schichten auf. Üblicherweise ist die Ausbildung eine einsemestrige Veranstaltung an der FH, gelegentlich findet sie auch als Intensivkurs in den Semesterferien statt. Bedingung für die Teilnehmer: Sie müssen Fächer wie Psychologie, Soziale Arbeit oder Erziehungswissenschaft studieren.

Sie fungieren als Ansprechpartner bei kleinen und großen Sorgen. Liebeskummer, Schulprobleme oder Konflikte in der Familie sind laut Wachter genauso dabei wie Selbstverletzung oder Suizidgedanken. „Leider machen die wirklich schwerwiegenden Probleme ungefähr drei Viertel der Beratungen aus“, sagt Wachter. Oberste Prämisse ist dabei die Vertraulichkeit: Das Recht, sich ohne Wissen der Eltern Hilfe und Beratung zu suchen, ist mittlerweile sogar gesetzlich festgehalten. So gibt es Beratungsgespräche von denen Eltern nie erfahren, sagt Wachter: „Oft ist es aber der Fall, dass wir im Laufe der Beratung anregen, die Eltern mit ins Boot zu holen.“ Das letzte Wort haben dabei aber immer die Jugendlichen selbst.

Denn gerade über das Internet melden sich eher Kinder ab elf bis zwölf Jahren, lautet Wachters Erfahrung. Die Jüngeren greifen eher zum Telefon. Unter (08 00) 5 45 86 68 sind von 6 bis 22 Uhr ständig Berater erreichbar. Angesiedelt ist das Telefon in Amberg. Dort melden sich eher Kinder im Grundschulalter, die ihre Sorgen schildern. Schon vor einiger Zeit gab es in Neumarkt ein anderes Telefonangebot – das musste allerdings eingestellt werden, weil die ehrenamtlichen Beratern von zu vielen Spaßanrufern belästigt worden waren. „Durch unsere Zeiten umgehen wir das etwas, weil die meisten unsinnigen Anrufe nachts passieren. Aber ganz verhindern wird man das in der Telefonberatung nie können“, sagt Wachter.

Doch auch Online- und Telefonberatung haben ihre Grenzen. „Es ist klar, dass wir zum Beispiel eine Borderlinestörung nicht so behandeln können“, sagt Wachter. In diesem Fall werden die Jugendlichen dann an Beratungsstellen vor Ort verwiesen. Das passiert auch in anderen Fällen: Oft hat das Team schon die Erfahrung gemacht, dass die Ratsuchenden keine Ansprechpartner kennen oder Angst haben, einen Termin zu vereinbaren. „Wenn sich die Jugendlichen das wünschen, kümmern wir uns gerne darum“, sagt Wachter.

Oft tritt aber auch der Fall ein, der für alle Beteiligten der schönste ist: „Dann hören wir Tage oder Woche nichts mehr von einem der Jugendlichen. Und plötzlich kommt dann wieder eine Nachricht wie: ,Mir ging es so gut, ich habe das hier ganz vergessen.‘“

Bettina Dennerlohr

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