Heimat ist kein Ort! Aber was dann?

Von Psychologie aktuell Redakteur Helge Huffstodt Elleser.

Es gibt Worte, die täglich verwendet werden, ohne dass man ganz genau weiß, was sie bedeuten. Ein solcher Begriff ist Heimat. In Wahlkämpfen immer wieder gerne genutzt, von Romantikern geherzt und von Patrioten als Abgrenzungsmerkmal okkupiert. Was also ist Heimat aus psychologischer Sicht?

Eine verwirrende Spurensuche!

Die Fährte zur wahren Bedeutung von Heimat aufzunehmen ist gar nicht so einfach. Bei Wikipedia heißt es zum Beispiel etwas sperrig: "Der Begriff Heimat verweist zumeist auf eine Beziehung zwischen Mensch und Raum". Ist das so? War es nicht Herbert Grönemeyer, der "Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl" sang? Also Mensch und Raum oder Ort und Gefühl? Ginge es nach Grönemeyer, wäre ich Kalifornier. Bin ich aber nicht, leider. Und nun?

Heimat als Ministerium?

Die Bayern sind ja so etwas wie die deutschen Experten für Heimatfragen. Im Ausland weiß kaum ein Mensch, dass unser Land an zwei Küsten liegt. Außerhalb Europas ist Deutschland in den Köpfen der Menschen Bayern und Bayern ist Deutschland. Kein Wunder also, dass die Bayern als einziges deutsches Bundesland ein Heimatministerium haben.

Orden, Trachten und Trara?

Als Heimatminister verteilt Markus Söder (CSU) Orden für "Verdienste um Heimat und bayerische Kultur". Zuletzt sind sympathische Herrschaften wie die Filser Buam, der Bund der Gebirgsschützen-Kompanien und der Bairisch-Alpenländische Volksmusikverein in den Genuss dieser Ehrung gekommen. Dem bayerischen Heimatminister und den Geehrten sei herzlich gratuliert, aber was Heimat ist, erklärt auch das nicht.

Um was geht es wirklich?

Vielmehr sollte man auf den Philosophen Johann Gottfried von Herder zurückgreifen, der sagte:

"Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muß."

Denn aus psychologischer Sicht ist genau das die passende Definition von Heimat. Nicht Ort, Raum oder andere physische Merkmale machen Heimat aus, sondern die Selbstverständlichkeit. Sich nicht erklären zu müssen, akzeptiert und bedingungslos angenommen zu sein, ist nicht nur für Kinder beim Aufwachsen eine elementar wichtige Erfahrung. Das Bedürfnis danach besteht ein Leben lang.

Ist dies die Quelle der Xenophobie?

Es existiert daher die durchaus akzeptable Erklärung, dass Fremdenfeindlichkeit (nicht Rassismus) hier eine ihrer Hauptquellen hat. Wie man damit umgeht, steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt.

Wer jedoch dafür sorgt, dass man sich "erklären" muss, nimmt dem Menschen seine Heimat und sorgt für einen Aufstau niederer Instinkte, die sich durchaus unkontrolliert entladen können. Reaktanz oder Dekompensation sind hier Stichworte, die den Psychologen erschaudern lassen, vor allem wenn dies auf kollektiver Ebene droht.

Doch es gilt auch für das Privatleben ebenso wie für die große Politik. Insofern ist der bayerische Heimatminister vielleicht doch gar keine so dumme Idee.

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