Hechingen: Der gute Forscher übernachtet in seinem Labor

Von Willy Beyer

Hechingen. Der französische Naturwissenschaftler Claude Bernard ist heute kaum noch bekannt. Über Leben und Werk des einst berühmten Forschers referierte am Freitag Boris Kotchoubey.

Das deutsch-französische Partnerschaftskomitee hatte zu diesem Vortrag im Hohenzollerischen Landesmuseum eingeladen. "Ein Referat über eine andere Seite der französischen Kultur", wie die Komitee-Vorsitzende Helga Pooch den mit reichlich Bildern und Graphiken gespickten Vortrag des noch recht neuen Mitglieds Kotchoubey bezeichnete. Der Hechinger ist Professor am Tübinger Institut für medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie. Im Vortrag wurde schnell klar, dass er ein ausgesprochener Kenner des französischen Ausnahmeforschers ist, der wiederum ein Mann der Ex­treme war, von den einen abgelehnt und von den anderen bejubelt.

Der Referent beschrieb das Leben Bernards, der von 1813 bis 1878 lebte. Er war ein genialer Forscher, dem größte Erfolge und höchste Ehren beschieden waren. "Ein guter Forscher ist derjenige, der im Labor übernachtet", zitierte Kotchoubey Claude Bernard, der eine Forschernatur durch und durch gewesen sei. Bernard gilt als Begründer der experimentellen Medizin und konnte durch seine Versuche – besonders an Tieren – alteingesessene Vorstellungen entkräften und neu definieren.

So entdeckte er, wie der Referent erörterte, die Funktionen der Bauchspeicheldrüse und der Leber für die Verdauung. Als bahnbrechend erwies sich ein Gedanke, der erst Jahrzehnte nach Bernards Tod zitiert wurde und letztlich Auswirkungen auf mehrere Wissenschaften hatte. Dabei ging es um die innere Stabilität eines Organismus, der sich – vereinfacht ausgedrückt – selbst reguliert und organisiert. Mit diesem Homöostase genannten Funktionsmechanismus waren die Grundlagen der Physiologie vorweg genommen. Auch die Kybernetik beruht auf dieser Erkenntnis – eine der Grundlagen moderner Computertechnologie, und letztlich arbeiten auch die neuerdings im Nanobereich angewandten sich selbst organisierenden Strukturen ähnlich. Das wichtigste Werk des Philosophen Claude Bernards ist das "Gleichgewicht zwischen Fakt und Idee". Darin wird ein ständiges Hinterfragen und Bezweifeln wissenschaftlicher Erkenntnisse verlangt.

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