Germanwings-Absturz: Krank im Cockpit

Obwohl der Copilot krankgeschrieben war, steuerte er den Airbus, der am Dienstag abstürzte. Reichen die medizinischen Tests in der Luftfahrtbranche aus? von Jan Guldner und Matthias Breitinger

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Cockpit-Simulator eines Airbus A320  |  © Jason Calston/Airbus/EPA/dpa

Die Bemühungen der Düsseldorfer Ermittler im Fall
des Germanwings-Absturzes drehen sich um ein zerrissenes Stück Papier. Die
Staatsanwaltschaft hatte es bei ihrer Durchsuchung der Wohnung des Copiloten
von Flug 4U9525 am Donnerstag gefunden. Darauf soll eine Krankschreibung zu
lesen gewesen sein, die auch für den Tag des Absturzes galt. Nach Angaben der
Staatsanwaltschaft in Düsseldorf deuten beschlagnahmte Unterlagen darauf hin,
dass Andreas Lubitz seine Erkrankung seinem Arbeitgeber und den Kollegen
verschwiegen habe. Am Dienstag soll er sich und 149 weitere Menschen absichtlich in den Tod gesteuert haben.

Unklar ist, ob seine Krankheit
körperlicher oder psychischer Natur war. Das Universitätsklinikum in Düsseldorf
bestätigte, dass der 27-Jährige in den vergangenen zwei Monaten dort in
Behandlung war, das Krankenhaus dementierte aber, dass Lubitz dort wegen
Depressionen behandelt wurde.

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Wie kam es dazu, dass er trotzdem ins
Cockpit steigen konnte? Müssen sich die Piloten nicht rigorosen Tests
aussetzen? Hätte eine Erkrankung bemerkt werden können?

Bei der Auswahl von Bewerbern – sei es
für eine Pilotenausbildung, sei es von fertig ausgebildeten Flugzeugführern – lässt
die Lufthansa beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in einem
zweistufigen Verfahren alle Kandidaten prüfen. Neben dem Fachwissen wird auch
untersucht, ob der Kandidat körperlich wie psychisch stabil ist. 90 bis 95 Prozent der
Kandidaten fallen in dem Verfahren durch, der Druck ist enorm.

Flugmediziner prüfen die Tauglichkeit

Laut Lufthansa hat auch Lubitz die
psychologischen Eignungstests durchlaufen und erfolgreich absolviert. Er wurde
anschließend an der Verkehrsflieger-Schule der Lufthansa in Bremen ausgebildet.
Ein Teil der Praxisausbildung findet dabei im US-Bundesstaat Arizona statt.
Dort stellte die US-Luftfahrtbehörde FAA dem jungen Mann ein
Flugtauglichkeitszertifikat der Klasse drei aus. Dafür müssen bei ihm auch
psychische Probleme wie Psychosen, bipolare und Persönlichkeitsstörungen
ausgeschlossen werden. Die Bescheinigung bedeutet auch, dass er nach Ansicht
der FAA an keiner Krankheit litt, die ihn darin gehindert hätte, Aufgaben und
Pflichten eines Piloten sicher zu erfüllen.

Zwar unterbrach Lubitz laut Lufthansa
die Ausbildung 2008. Er sei aber erneut erfolgreich getestet worden, ehe er das
Flugtraining fortsetzte. Ehe ein Absolvent aber ins Cockpit eines
Verkehrsflugzeug darf, muss er eine Berufspilotenlizenz erhalten, die in
Deutschland das Luftfahrtbundesamt (LBA) ausstellt. "Die Beurteilung der
flugmedizinischen Tauglichkeit von Piloten liegt nicht bei der jeweiligen
Fluggesellschaft, sondern beim LBA", sagte ein Lufthansa-Sprecher der Rheinischen Post.

Die Behörde, die dem
Bundesverkehrsministerium unterstellt ist, untersucht dabei die Piloten nicht
selbst, wie LBA-Sprecher Holger Kasperski erläutert. Die zugelassenen
flugmedizinischen Zentren (AMC) oder auch zugelassene Flugmediziner untersuchen
demnach, ob der Pilot aus medizinischer Sicht flugtauglich ist. Das wird dann
in die Luftfahrer-Eignungsdatei eingetragen. Mehr nicht. Medizinische Akten und
weitere Informationen unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Wer als
tauglich eingestuft wird und alle weiteren Anforderungen erfüllt, an den
vergibt das LBA dann auch die Fluglizenz.

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