Freipass für die eigene Forschung

Seit
Herbst dieses Jahres forscht Adrian Künzler als Fellow des «Society in Science»-Programms.
Mit einer Zusage hat er nicht gerechnet, denn die Konkurrenz ist gross: «Die
Anwärter stammen von den besten Unis der Welt. Da ist die Chance, ins Programm
zu kommen, nicht selbstverständlich.»

Interdisziplinäre Forschung ist gefragt

Maximal
zehn Stipendiaten fördert das Programm. Unterstützt werden Postdoktoranden der Medizin,
der Natur-, Ingenieur- und Sozialwissenschaften.
Der verstorbene Unternehmer und Mäzen Branco Weiss hatte «Society in
Science» im Jahr 2002 gegründet und per 1. Januar 2011 der ETH Zürich
übergeben. Damit verbunden war eine Schenkung von 20 Millionen Franken, welche die
Zukunft des Programms sichert. Es soll hoch qualifizierten Forschern, die in
ihre Arbeit soziale und kulturelle Fragen einbinden, eine Plattform bieten. Der
Fokus liegt dabei auf der Verbindung von Wissenschaft, Technik und humanitären
Feldern, die gesellschaftliche Aspekte berühren.

Künzlers
wissenschaftliche Heimat sind die Rechtswissenschaften. Er studierte Jura an
der Universität Zürich und hat einen Master of Law der Yale Law School. Sein
Doktorat mit dem Fokus auf Schweizer und Europäisches Wettbewerbsrecht, Wettbewerbsökonomie,
Rechtstheorie und -philosophie absolvierte er ebenfalls an der Universität
Zürich. Für seine wissenschaftliche Arbeit, die er jetzt im Rahmen des Programms
verfolgt, forscht er an der Yale Law School. Die Zeit im Ausland prägt ihn, wie
er sagt. Die Mentalität in den USA sei anders. Für die Forscher der Rechtswissenschaften
sei es selbstverständlich, ihre Studien auf die Praxis auszurichten. Nicht nur
das: «Es ist beeindruckend, wie sie Erkenntnisse aus den unterschiedlichsten
Disziplinen vermischen. Das
ist hierzulande noch nicht so selbstverständlich.»

Regulierung für Luxusgüter?

Diese
Art zu arbeiten, übernahm Künzler für seine Projekte. In ihnen kommen Ansätze
aus den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften sowie der Psychologie zusammen.
Er beschäftigt sich hauptsächlich mit der Frage, wie sich aus Erkenntnissen der
psychologischen Verhaltenslehre Schlüsse für das Recht als Ganzes sowie für die
Marktregulierung, das Immaterialgüterrecht und die Finanzmarktregulierung
ziehen lassen. Ein Forschungsbereich sind Luxusgüter. Eine Frage wäre laut
Künzler etwa, inwiefern solche Marken die Menschen psychologisch beeinflussen. Eine
Erklärung könnte sein, dass diese Güter die Menschen anziehen, weil Prominente sie
auch nutzen. Die Leute identifizieren sich dadurch mit ihren Vorbildern. «Wenn
die Designerhäuser nun absichtlich Marken aufbauen würden, um das Kaufverhalten
in der Gesellschaft zu beeinflussen, stellt sich die Frage, inwiefern eine
Regulierung notwendig und sinnvoll wäre», erklärt der Stipendiat.

Stipendium verschafft Anschluss ans
Ausland

Fragen
dieser Art wird Künzler während der nächsten fünf Jahre nachgehen. Solange
steht ihm das Stipendium zur Verfügung. Eine grosse Chance, wie er sagt: «Wir
haben Freiheiten, die man so nirgends erhält.» Den Stipendiaten steht es frei, weltweit
an Hochschulen zu forschen. Das ist besonders für Juristen ein Vorteil. Für sie
sei es schwierig, im Ausland Anschluss zu finden, sagt der Jungforscher. Er
vermutet, dass dies am politischen Gewicht der Schweiz liegt. Obwohl die
Schweizer Bildung anerkannt ist, hätten es die hiesigen Wissenschaftler nicht
leicht, wenn es um die Bewerbung für ein Forschungsprogramm in den USA gehe.

Bewerbungsschluss für
die nächsten Stipendien ist am 1. Februar 2012. Das Auswahlverfahren basiert
auf den Bewerbungsunterlagen und Interviews. «Der Bewerbungsprozess ist tough»,
sagt Künzler rückblickend. Bei den Interviews werde man sehr kritisch befragt. Doch
der Einsatz und die Anstrengung lohnen sich, ist er überzeugt, denn das
Programm erweitere den eigenen Horizont. Zudem profitierten die Stipendiaten
für die weitere berufliche Laufbahn vom guten Ruf, den «Society in Science»
geniesse. Ideen für seine eigene Laufbahn nach dem Programm hat der
Rechtswissenschaftler bereits. Er will mithelfen, seine Forschungsresultate in
die Praxis zu überführen. Künzler kann sich vorstellen, bei der Umsetzung
solcher Resultate in einer Regulierungsbehörde Pate zu stehen. « Wichtig ist
für mich, dass meine Ergebnisse nicht in der Forschung hängen bleiben.»

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