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Eine Generation von Autisten

Verbringen Kinder zu viel Zeit mit Tablets und Smartphones, verkümmert ihre Sozialkompetenz.

Das iPad als Gutenachtgeschichten-Erzähler: Computer, Smartphones und Tablets im Kinderzimmern verdrängen die Realität.

Das iPad als Gutenachtgeschichten-Erzähler: Computer, Smartphones und Tablets im Kinderzimmern verdrängen die Realität.
Bild: Gaëtan Bally/Keystone

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Früher sassen auf der Bettkante die Eltern, ein Buch in den Händen, die Lesebrille auf der Nase. Heute balanciert hier ein iPad. Auch im Bus, in den Schulpausen, beim Warten: Smartphones und Tablets sind allgegenwärtig. Sie bieten Spiele, Internet und Chats. Und sie bieten das immer und überall.

Die einen verteufeln diese mobile Moderne, in der die Kinder abgekapselt in ihrer virtuellen Welt leben. Die anderen sehen darin eine Chance. Wie drei Kindergärten im zürcherischen Adliswil, bei denen seit Frühjahr 2011 pro Kindergarten zwei iPads zum Inventar gehören. So würden Kinder einen altersgerechten Umgang mit digitalen Medien lernen, was in der heutigen Zeit zur Erziehung mit dazugehöre, sagt René Kappeler, Initiator des Projekts. Problematisch seien nicht die Medien, sondern ein falscher Umgang mit ihnen.

Für viele Eltern ist es ein schmaler Grat zwischen ungesundem Medienverhalten und der Angst, das Kind könnte etwas verpassen. Für sie stellt sich die Frage: Muss mein Kind möglichst früh Medienkompetenzen erwerben, um später im Berufsleben gegen jene anzukommen, die mit digitalen Medien sozusagen aufwachsen? «Grundsätzlich brauchen Kinder bis zehn oder zwölf Jahre diese Medien nicht», erklärt Renato Meier von der Erziehungs- und Familienberatung. «Wenn sie im Sandkasten spielen, anstatt auf einer Lernförder-App rumzudrücken, verpassen sie überhaupt nichts.» Im Gegenteil: «Studien belegen, dass Kinder, die die Welt vor allem durch Apps erfahren, Mühe haben, richtig zu kommunizieren und mit Leuten umzugehen», warnt Meier, «aber dieses Wissen brauchen sie, um in Beruf und Alltag bestehen zu können.»

3-D ist immer besser

Schulen versuchen, richtiges Medienverhalten zu vermitteln. Kinder sollen lernen, dass «iPad und die übrigen Geräte Hilfsmittel sind, sie sollen keinen Selbstzweck erhalten», weiss Hans-­Ulrich Grunder, Professor für Pädagogik.

Doch meist kommen die Schulen zu spät. Denn problematisches Medienverhalten beginnt daheim. Wenn Kinder nächtelang durchspielen, soziale Kontakte vernachlässigen, ihre schulische Leistung sinkt und sie nur noch eines im Kopf haben: das iPad. Wie kommt es überhaupt so weit? Wir erinnern uns an das kleine Mädchen im Kinderwagen, das tief versunken war in sein Spiel mit dem iPhone. «Das ist total daneben, Kleinkinder haben mit Medien nichts zu tun», sagt Kinderpsychologin Christiane Ilg zu dem Vorfall. Darunter leide die Entwicklung des Kindes. Ein iPhone könne man nicht in den Mund nehmen, aber genau das müssen Kinder in diesem Alter: Tasten, schmecken und ausprobieren. Bei Kindern, die sich vor allem mit dem Fernsehen und elektronischen Spielzeugen beschäftigen, bemerkt Ilg immer wieder klare soziale Defizite. «Sie leben in einer fiktiven Welt, doch der Computer ist kein Partner. Mit ihm lernen sie nicht echt zu kommunizieren, und so werden sie später Mühe haben, realen Konflikten zu begegnen.» Kinder, die nicht mehr lernen, mit Mitmenschen zu kommunizieren, Konflikte zu lösen und Impulse richtig zu deuten, das klingt tatsächlich nach einer Generation von Autisten.

Asoziale Knaben

Werden die Kinder älter, sind Knaben oft anfälliger für einen problematischen Medienkonsum als Mädchen. Denn grundsätzlich sind Mädchen kommunikativer als Burschen. «Wenn eine Gruppe Mädchen zusammen im Café sitzt, und alle auf ihrem Handy rumdrücken, finde ich das nicht problematisch, sondern einfach ein Teil unserer neuen Kultur», erläutert Meier. Die Hauptsache für ihn: Sie treffen sich und pflegen soziale Kontakte. Jungs dagegen seien oft verschlossener, gleichzeitig kompetitiver und finden in Online­games Bestätigung. Hier sei das Problem, dass zugunsten der virtuellen Welt die Realität leide, Freunde verloren gingen und soziale Kompetenzen auf der Strecke blieben. Doch auch Jungs spielen in Gruppen zusammen, manchmal bis in alle Nacht. «Das ist nicht grundsätzlich schädigend», sagt Meier. Erst wenn Kinder alleine spielen, wird es kritisch.

Sehr oft melden sich Eltern bei der Beratungsstelle, deren Kinder mehr als vier Stunden pro Tag alleine im Internet und am Gamen sind: «Zu viel», findet Meier. Sobald die Eltern nicht mehr wissen, wie viel Zeit ihr Kind am Computer oder am iPad verbringt, soll das Gespräch gesucht werden – auch in einer professionellen Beratung. Bei Renato Meier kommen Eltern und Kinder, wenn möglich, gemeinsam in die Sitzung. Das Kind gleichwertig zu behandeln, sei wichtig. Mit Erfolg: «Kinder sehen das Problem schnell selbst ein. Fragt man sie dann, was zu machen sei, sagen sie nicht etwa ‹10 Minuten weniger Gamen›, nein, da ist sofort die Rede von einer Stunde.» Wichtig sei, dass die Kinder Verantwortung übernehmen für ihren Medienkonsum und ein Gefühl dafür bekommen.

Eine Trotzreaktion

Oft sei das Medienverhalten eine Trotzreaktion, ein Protest der Kinder gegen die Eltern. Während frühere Generationen bloss eine Elvis-CD aufzulegen brauchten, müssen die Kinder heute schon einiges anstellen, um ihre Eltern an die Grenzen zu bringen. Auslöser sind oft sozial schwierige Situationen zu Hause, in der Schule oder mit Freunden. «Fast nie ist wirklich eine Computersucht der Kinder das ursächliche Problem», betont Meier, «wenn in Familien die Kommunikation nicht richtig funktioniert, ein Konfliktlöseverhalten fehlt und die Eltern keine Beziehungskonstante zu ihren Kindern finden können, sind diese grundsätzlich anfälliger für Suchtverhalten.» Ein Unterschied zwischen mehr und weniger gut situierten Familien sei dabei nicht erwiesen.

Fest steht, dass bei Kindern und Jugendlichen von 9 bis 20 Jahren der Computer oft nicht die Ursache eines Problems ist, sondern dessen Folge. Meist löst die Familienberatung tiefer gehende Probleme, die Kommunikation und Verhalten innerhalb der Familie belastet haben. Viele Eltern müssen lernen, ihren Kindern Grenzen zu setzen. «Dass Kinder wütend werden, gehört zum Elternsein dazu», sagt Meier. Ob aus den Kindern von heute eine Generation der iPad-­Autisten wird, haben Eltern grösstenteils selbst in der Hand. Indem sie einmal mehr zum Buch, statt zur Fernbedienung greifen. Denn Kinder lernen in erster Linie am Vorbild der Eltern. (Basler Zeitung)

Erstellt: 10.12.2013, 10:25 Uhr


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