Die Versuchskaninchen büchsen aus

Von Ramona Jäger

Riedlingen In den Fluren des Kolping-Bildungswerks in Riedlingen herrscht reges Treiben. Einige Schüler sind mit Kisten unterwegs, um ihre Schulbücher abzugeben. Sie gehören zur ersten Abschlussklasse des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums, das seit dem Schuljahr 2009/10 als neuer Zweig am Kolping-Bildungszentrum angeboten wird. Nun liegen alle Prüfungen hinter ihnen – Zeit für die Abiturienten, Bilanz zu ziehen.

Andreas Laudiel ist einer von vier Jungs unter den insgesamt 19 Abiturienten. Nach der zehnten Klasse auf dem Progymnasium Altshausen hat er sich für das Sozialwissenschaftliche Gymnasium entschieden, weil er sich schon immer für Psychologie interessiert habe, neben Pädagogik der Schwerpunkt der Schule. Laudiel ist froh, diesen Weg gewählt zu haben: „Ich würde gerne Psychologie studieren.“

Auch für Lisa Gäckle war nach dem Abschluss an der Werkrealschule ihr Interesse für Psychologie ausschlaggebend für ihre Schulwahl – und sie ist glücklich über ihre Entscheidung: „Der Stoff in Psychologie war zwar sehr umfangreich, aber interessant. Trotzdem weiß ich inzwischen, dass ich nicht in dieser Schiene bleiben möchte.“ Weil sie sich auch für Kreatives interessiert, hat sie sich für den deutschlandweit einmaligen Studiengang „Integriertes Produktdesign“ in Coburg beworben. „BWL, Technik und auch Sozialpsychologie sind Teile dieses Studiengangs“, erklärt Gäckle.

Für Jessica Maier war nicht immer so klar, wohin ihre berufliche Zukunft gehen sollte: „Ich war wirklich auf der Suche nach mir selbst; ich wusste nicht, wo ich hin will.“ Deshalb hat sie viel ausprobiert, war etwa nach der Mittleren Reife ein Jahr auf dem kaufmännischen Berufskolleg in Riedlingen. Bei unterschiedlichen Praktika sei ihr klar geworden, dass sie gern im sozialen Bereich arbeiten würde. Über die Agentur für Arbeit habe sie dann von der Riedlinger Schule erfahren. „Ich bin froh, dass ich hier mein Abitur gemacht habe“, sagt Maier, die jetzt eine Ausbildung als Jugend- und Heimerzieherin machen wird. Kleine Schulen haben Vorteile

Eva-Maria Riedle wurde von einer Klassenkameradin davon überzeugt, auf das Sozialwissenschaftliche Gymnasium zu gehen. Inzwischen sei sie richtig froh darüber, nicht wie ursprünglich geplant eine Ausbildung als Erzieherin begonnen zu haben: „Ich glaube, als Erzieherin wäre ich auf Dauer nicht glücklich geworden und mit Abi habe ich mehr berufliche Möglichkeiten.“ Bevor sie aber ein Studium im sozialen Bereich antritt, geht sie als Au-Pair nach Australien.

Sarah Bamberg ist über einen Bekannten auf das Sozialwissenschaftliche Gymnasium aufmerksam geworden, da sie sich schon damals für den sozialen Bereich interessiert hat. Von der Riedlinger Schule ist sie begeistert: „Ich fühle mich auf einer kleinen Schule viel wohler als auf einer großen.“ Auch die anderen erkennen in der Größe des Kolping-Bildungszentrums Vorteile. „Den engen Kontakt und das angenehme Verhältnis zu Lehrern wie hier in Riedlingen gibt es an größeren Schulen nicht“, ist Bamberg überzeugt.

Insgesamt ziehen die ersten Abiturienten des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums ein positives Fazit. Trotzdem ging es besonders während der Prüfungsphase manchmal turbulent zu. „Die Situation war für Lehrer und Schüler neu. Oft gab es ein Hin und Her und niemand wusste genau, wie bestimmte Formalitäten einzuhalten waren“, erklärt Bamberg. „Da wir die erste Abschlussklasse waren, fehlten Erfahrungen“, fügt Gäckle hinzu. Passend zu ihrer Lage haben sich die Schüler ihr Abi-Motto gewählt und auf T-Shirts und Pullover drucken lassen: „rABbIts – die Versuchskaninchen büchsen aus.“

(Erschienen: 24.06.2012 21:55)

Leave a Reply