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Die Psychologie des Grabhügel-Recyclings

Aufgelassene Begrbnissttten sind im dicht besiedelten neuzeitlichen Europa nicht ungewhnlich: Sehr hufig etwa wurden die alten Gottescker um Dorf- und Stadtteilkirchen zugeschttet, gepflastert und zum Markt- oder Parkplatz umfunktioniert. In der etwas ferneren Vergangenheit war besonders bei prominent in der Landschaft gelegenen und reprsentativen Grabsttten das Gegenteil viel blicher: Oft – und vom Neolithikum bis in Bronzezeit oder sogar ins Mittelalter hinein – nutzen Menschen ber Jahrtausende hinweg ein und denselben Ort wieder und wieder, um ihre Toten zu bestatten. Und dies selbst dann, wenn der Friedhof zwischen der Hochzeit sich abwechselnder Hochkulturen fast in Vergessenheit geraten war. Welche psychologischen, sozialen, politischen oder religisen Grnde knnten hinter dieser aufflligen Kontinuitt stecken?

Colin Quinn von der University of Michigan ist dieser Frage am Beispiel der auch als Touristenziel bekannten Hgelgrber von Tara in Irland nachgegangen. Er stie dabei am "Mound of Hostages" auf nicht weniger als vier lngere Phasen, in denen unterschiedliche Kulturen das Hgelgrab nutzen: Zunchst waren die Grabsttten in der mittleren Jungsteinzeit zwischen 3210 und 3100 errichtet worden und dienten etwa 100 Jahre lang als Friedhof. Nach einer Unterbrechung von etwa 1000 Jahren begannen dann Bronzezeitmenschen ihrerseits, Verstorbene vor Ort zur Ruhe zu betten. Wieder ein gutes halbes Jahrhundert spter nderte sich dann die Art der Bestattung: Die Menschen nutzen nun nicht mehr, wie alle Vorgnger, die zentrale Grablege, sondern den darum aufgeschtteten Hgelbereich. Um 1790 vor der Zeitenwende endete die Nutzung – mit einer Ausnahme: Wohl um 1600 v. Chr. beerdigte man eine allerletzte Einzelperson im Hgel.

Quinn analysierte nun diese zeittypischen Nutzung der Grabsttte genauer: Wieviele und welche Menschen wurden zu den verschiedenen Zeiten wie bestattet? Offenbar diente das Hgelgrab in der Steinzeit zunchst einfach gemeinschaftlicher Begrbnisort von Frauen, Mnnern und Kinder aller Altersgruppen, die in einer Art von recht individuell bestckten Familiensttten zur Ruhe gelegt wurden. In der Bronzezeit wurde das Hgelgrab dann im Gegensatz dazu wohl Symbolort einer Elite: nur wenige Personen, offensichtlich Familienoberhupter oder Clanchefs, bekamen ein Grab.

Noch etwas spter wurde dann auch der Auenbereich des Hgels benutzt: Offenbar hatte sich die Grabsttte erneut gewandelt und war von einem exklusiven Begrbnisort einer Kommune zum zentralen Begrbnisplatz einer Gruppe mehrerer Gemeinschaften aus der nheren Umgebung geworden – vielleicht einem frhen losen Staatsverbund. Ganz offensichtlich hatte der Ort in der Bronzezeit allmhlich eine symbolische, auch berregionale Bedeutung gewonnen. Quinn vermutet, dass dies im Prinzip schon von den ersten Bronzezeitherrschern angedacht war: Sie hatten die lngst verlassene Grabsttte neu genutzt, um eine symbolische Verbindung mit ihren alten vermeintlichen Ahnen zu betonen.

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