Die Macht der Verdrängung

21.11.2012 - (idw) Friedrich-Schiller-Universitt Jena

Psychologen der Universitt Jena stellen Theorie Sigmund Freuds systematisch auf den Prfstand
Wer unangenehme Gefhle permanent unterdrckt, wird ber kurz oder lang krank. Das postulierte bereits Ende des 19. Jahrhunderts der Vater der Psychoanalyse Sigmund Freund. Obwohl hufig zitiert und in der Alltagspsychologie mittlerweile fest verankert, stand der wissenschaftliche Beweis fr die Richtigkeit dieser These bislang aus. Die Forschung zum direkten Zusammenhang zwischen der Verdrngung negativer Emotionen und dem Auftreten physischer Symptome und Beschwerden beruht bisher auf vielen teils widersprchlichen Einzelbefunden, erklrt Prof. Dr. Franz J. Neyer von der Friedrich-Schiller-Universitt Jena diese Forschungslcke. Zwar seien Spekulationen vor allem in der populrwissenschaftlichen Literatur weit verbreitet, so der Psychologe. Doch ob Menschen, die negative Gefhle vermeiden, tatschlich hufiger unter krperlichen Krankheiten leiden als andere, ist bislang nicht nachgewiesen worden.

Am Lehrstuhl fr Differentielle Psychologie, Persnlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik sind jetzt mehr als ein Jahrhundert nach Freud Nachwuchsforscher erstmals systematisch daran gegangen, eine neuere Version von dessen Theorie zu berprfen. In der Fachzeitschrift Health Psychology haben Marcus Mund und Kristin Mitte die erste Meta-Analyse verffentlicht, die den Zusammenhang von emotionaler Verdrngung und krperlichen Erkrankungen quantitativ untersucht hat (DOI: 10.1037/a0026257). Dafr haben sie smtliche weltweit verfgbaren Einzelergebnisse zusammengetragen, die das Auftreten von Krankheiten wie Krebs, Herz-, Kreislauferkrankungen, Asthma oder Diabetes im Zusammenhang mit Verdrngungstendenzen untersucht haben.

Das Ergebnis: Tatschlich gibt es Zusammenhnge zwischen der Verdrngung und einigen Krankheiten. Das Unterdrcken unangenehmer Gefhle ist ein allgemeiner Abwehrmechanismus, den jeder Mensch von Zeit zu Zeit nutzt, erlutert Marcus Mund, Hauptverantwortlicher der Studie: Es gibt aber auch Menschen, in deren Persnlichkeit das Prinzip der Abwehr wesentlich verankert ist. Diese Eigenschaft nennen die Psychologen Repression.

Im Mittelpunkt der in die Studie eingegangenen Daten standen typische Represser also Menschen, die negative Gefhle generell unterdrcken. Diese Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie einerseits angeben, wenig Angst zu verspren und sich andererseits sehr defensiv verhalten, also wenig risikofreudig sind und stets eine hohe Kontrolle ber sich und die jeweilige Situation suchen, so Marcus Mund. Interessanterweise sind Represser aber weitaus ngstlicher als sie selbst glauben oder zugeben wollen. Setzt man Represser psychischem Stress aus, so zeigen sie heftige krperliche Angstreaktionen, wie Schwitzen oder einen beschleunigten Puls. Auch im Vergleich zu Nicht-Repressern reagieren sie hufig strker.

Genau an diesem Punkt, so der Psychologe weiter, setze auch der Einfluss auf die krperliche Gesundheit ein. So bestehe ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Repression und einem erhhten Blutdruck. Chronischer Bluthochdruck wiederum kann schwerwiegende Folgeerkrankungen wie koronare Herzerkrankungen, Nieren- oder Augenschden verursachen. Fr andere Krankheiten, wie Krebs, lasse sich allerdings kein Zusammenhang zwischen der Unterdrckung von Emotionen und dem Risiko zu erkranken feststellen. Die hufig ins Spiel gebrachte sogenannte Krebspersnlichkeit gibt es definitiv nicht, ist sich Marcus Mund sicher.

Allerdings bedeute die persnliche Veranlagung zur Repression nicht, dass auftretende Krankheiten auch schwerer verlaufen als bei Nicht-Repressern. Im Gegenteil: Aufgrund ihres hohen Kontrollbedrfnisses sind Represser in der Regel sehr diszipliniert und motivierter, ihren Lebensstil an die Krankheit anzupassen. Werden diese Ressourcen genutzt, knne sich das gnstig auf den Therapieerfolg auswirken. Jedoch betonen die Psychologen auch, dass viele der vorliegenden Studien keine Rckschlsse darber erlauben, was eigentlich Henne und was Ei ist: Fhrt die Verdrngung zu chronischen Krankheiten oder verdrngt man, weil man chronisch krank geworden ist.

Original-Publikation:
Mund M., Mitte K. The Costs of Repression: A Meta-Analysis on the Relation Between Repressive Coping and Somatic Diseases, Health Psychology 2012, Vol. 31 (5), 640-649, DOI: 10.1037/a0026257

Kontakt:
Marcus Mund
Institut fr Psychologie der Friedrich-Schiller-Universitt Jena
Humboldtstrae 11, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945165
E-Mail: marcus.mund[at]uni-jena.de

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Weitere Informationen:
http://www.uni-jena.de

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