Die Freiheit der Schwachen verteidigen!

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Von der Psychologie aktuell Ressortleiterin Frauen Werte.

Wissen Sie, was die Swing Kids waren? Ich bin Jahrgang 1921 und als dieser verrückte Hitler an die Macht kam, war ich gerade zwölf Jahre alt. Ein unglückliches Zusammentreffen, denn ich wollte das, was ein Mädchen eben so will: Freude, Tanz, Feiern und Dummheiten begehen.

Stattdessen kamen BDM-Treffen und Pflichtaufmärsche, auf denen ich regelmäßig ohnmächtig wurde. Es war ja auch einfach zu gruselig, was damals passierte. Ich war also ein Mädchen, das einfach nur leben und Freude haben wollte. Doch die spinnerten Nationalsozialisten hatten damals alles verboten, was irgendwie schön war, dazu gehörte auch die Swing-Musik.

Wir mussten uns heimlich treffen, in verbotenen Swing-Klubs, in Frankfurt etwa, immer in der Gefahr aufzufliegen und verhaftet zu werden. Swing-Musik als Straftat! Ich habe es selbst erlebt und kann es bis heute nicht fassen.

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Hildegard Mannheim (94)

Ich habe auch mit ansehen müssen, wie Menschen "verschwanden", weil sie liberal, schwul, jüdisch, sozialdemokratisch oder anderweitig normal waren. Mein fantastischer Hausarzt wurde eines Tages "abgeholt". Weil er Jude war. Eine Religion als Verbrechen. Irrsinn!

Mir muss man also nicht beibringen, was der Wert der Freiheit ist. Sie wird auf jeden Fall nicht mit Palavern gesichert. Recht hat am Ende jener, der die größere Kampfkraft hat. Das ist meine Lehre aus der damaligen Zeit. Freiheit und Menschlichkeit sind leider keine Selbstverständlichkeiten, man muss sie jeden Tag aufs neue mit eiserner Hand verteidigen.

Freiheit ist keine Beliebigkeit!

Genau deshalb habe ich mir ein feines Sensorium bewahrt für die Gefahren, welche die Freiheit bedrohen. Und dieses innere Warngerät sprang bei mir an, als mir die jungen Kollegen die Welt von Facebook und Konsorten zeigten.

Was dort in manchen Kommentarspalten passiert, das ist alles - nur keine Freiheit. Ich erkannte ihn sofort wieder: es war derselbe entfesselte Mob, der früher die Bücher verbrannte. Deshalb habe ich auf einer Redaktionskonferenz von Psychologie aktuell beantragt und durchgesetzt, dass alle öffentlichen Leserkommentare auf unserem Facebook-Blog künftig so zensiert werden, das alles hinausfliegt, was die Regeln des Anstands verletzt.

Denn Freiheit ist nicht gleichbedeutend mit Beliebigkeit. Manche Dinge gehören sich einfach nicht. Etwa kostenlose Angebote zu nutzen und dann darüber unflätig zu pöbeln. Oder aber freie Meinungsäußerung damit zu verwechseln, so lange auf Schwächere verbal einzudreschen, bis sie derselben Meinung sind.

Damit die Schwachen und Stillen gehört werden können, muss den lauten Krawalmachern der Mund verboten werden. So einfach sind die Dinge manchmal.

Der freiheitliche Diskurs braucht Klasse!

Ohne Respekt vor dem anderen Menschen, ohne anständige zivilisatorische Umgangsformen kann es keine Freiheit geben. Denn der Eingeschüchterte wird schweigen, sich zurückziehen und ungehört bleiben.

Deswegen sind Sicherheit und Freiheit zwei Seiten derselben Medaille. Wir erleben derzeit eine Erosion von Anstand und Werten, und was mich am meisten bekümmert: wir werden nachlässig mit dem Einhalten von Regeln, als Gesellschaft ingesamt. Das erinnert mich auf ungute Weise an die Vorstadien dunkler Zeiten unserer Geschichte.

Eine Oase der Geborgenheit verteidigen!

Deswegen wird zumindest die gesamte Psychologie aktuell Welt, unsere Beiträge, Artikel, Bücher, die Blogs, Videokanäle und Podcasts auch weiterhin eine Oase der Sicherheit, des Anstands und der Ordnung bleiben. Mit guten Umgangsformen, wo sich auch Menschen wohl fühlen, die gerade nicht in ihrer Kraft stehen.

Dafür zensieren wir künftig noch schärfer alles, was in den "Sozialen" Medien nicht sozial ist. Nennen Sie es eine harte Hand. Ich nenne es Fürsorge, Schutz und Bewahren von Freiheit. Denn Liberalität ist nicht die Abwesenheit von Regeln, es ist eine Regel. Und sie muss bewahrt, geschützt und verteidigt werden - wenn nötig auch mit den härtesten Bandagen.

Ich werde von der Kraft meiner eigenen Geschichte gestählt mit aller Macht dafür sorgen, dass in unserer kleinen Welt alles schön und harmonisch bleibt. Das verspreche ich den 99% lieben Menschen, die uns lesen. Bei uns dürfen Sie offen sein, schwach, ängstlich, fragend, neugierig, verrückt - was immer Sie wollen. Wir passen gut auf Sie auf.

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