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Der lange Weg zurück

Hirnverletzte Patienten wie Michael Schumacher können sich gut erholen, wenn schnell gehandelt wird – und wenn sie Glück haben.

Forza Michael! – aufmunternde Wort für Michael Schumacher vor der Ferrari-Teamgarage in Jerez, Spanien.

Forza Michael! – aufmunternde Wort für Michael Schumacher vor der Ferrari-Teamgarage in Jerez, Spanien.
Bild: Keystone

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Jetzt soll er erwachen. Und die Welt nimmt teil an jedem Lidschlag. Seit sich der siebenmalige Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher vor rund fünf Wochen bei einem Skiunfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zuzog, melden Medien jeden noch so vagen Hinweis auf den Zustand des 45-Jährigen: Aus Schumachers Kopf wurden Hämatome entfernt. Schumacher liegt im künstlichen Koma und erhält Muskeltraining. Schumachers Narkose wird reduziert, der Aufwachprozess soll beginnen, wie seine Managerin Sabine Kehm am Donnerstag bestätigte.

Doch jeder Deutung darüber, was das über die gesundheitliche Situation des Rennsportidols aussagt, entziehen sich Kehm und Schumachers Ärzte im Universitätsspital Grenoble. Ob der Schwerverletzte wieder aufwachen, aufstehen und der Alte sein wird, dazu wollen sich die französischen Spezialisten nicht äussern – weil es die Intimsphäre ihres prominenten Patienten betrifft und weil sie es vermutlich wirklich nicht wissen.

«Die Prognose eines schweren Schädel-Hirn-Traumas ist zu so einem Zeitpunkt schwer zu stellen», sagt Luca Regli, Direktor der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsspital Zürich. Ausmass von Verletzung und Hirnschwellung liessen sich mit modernem Diagnosegerät wie der Kernspintomografie zwar gut bestimmen, doch lieferten die Bilder letztlich nur Hinweise auf resultierende Ausfälle. «Entscheidend ist die Symptomatik, vor allem die Bewusstseinslage des Verletzten und wie sich diese in den nächsten Wochen entwickelt.»

Hirndruck verhindern

Eben solche «klinische Zeichen» haben Schumachers Ärzte in den vergangenen Wochen aber bewusst zu einem gewissen Grad überdeckt durch jene Akutmassnahme, die sie nun offenbar langsam beenden: das künstliche Koma. Dabei handelt es sich um eine Langzeitnarkose, die Ärzte einleiten, um Schwerverletzte vor Schmerzen, Stress und dadurch drohenden zusätzlichen Schäden zu bewahren. Bei Hirnblutungen etwa können im wachen Zustand Verwirrtheits- und Erregungszustände auftreten, die den Druck im Kopf weiter ansteigen lassen. «Eben das will man verhindern, denn der Hirndruck ist ein äusserst kritischer Faktor bei einem Hirntrauma», erklärt Regli.

Das Problem: Die normalerweise schützende knöcherne Hirnschale wird zur Falle, wenn Blut in ihrem Inneren austritt. Dies kann dort nicht entweichen und drückt ab einem bestimmten Ausmass das Gehirn zusammen, was im Extremfall binnen weniger Minuten zum Tod führt. Doch auch wenn der Hirndruck für so einen schnell fatalen Verlauf zunächst noch nicht hoch genug ist, besteht die Problematik weiter: Prellherde schwellen an und komprimieren gesundes Hirngewebe. Unter Umständen breiten sich Hämatome aus. Geronnenes Blut kann die Abflusswege des Nervenwassers verstopfen, sodass dieses aufstaut und die Drucksituation weiter verschärft. Dadurch können neue begrenzte Defekte entstehen, oder das Gehirn wird diffus geschädigt, sodass der Betroffene ins Koma sinkt.

«Solche sekundäre Schäden gilt es zu verhindern», erläutert Luca Regli, «dabei kann es um Stunden gehen.» Neurochirurgen entlasten die «Raumforderung» im Kopf, indem sie Blutergüsse stoppen und eventuell sogar Schädelknochen zeitweise entnehmen. Der Chirurg Jean-François Payen und sein Team führten bei Schumacher zwei solche Eingriffe durch. Auch kühlten die Grenobler Ärzte seine Körpertemperatur und leiteten eben das künstliche Koma ein, um des Drucks Herr zu werden.

Dass die Langzeitnarkose nun beendet werde, deute auf eine Normalisierung der Situation hin, kommentiert Regli die aktuellen Meldungen. Zwar habe es bis dahin «recht lang» gedauert, doch lasse das allein keine prognostischen Rückschlüsse zu: «Entscheidend ist, wie schnell er sich jetzt erholt.» Das war bislang schwer zu objektivieren. Denn was für Ausfallserscheinungen bei einem Patienten vorliegen, ob eine verletzungs- und hirndruckbedingte Bewusstseinsstörung unter der künstlichen liegt, lässt sich zweifelsfrei erst erfassen, wenn Letztere unterbrochen wird. Beim folgenden Aufwach- und Erholungsprozess spielt der Faktor Zeit eine ähnlich entscheidende Rolle wie bei der Akutversorgung. Je schneller sich der Zustand normalisiert, desto besser – und umgekehrt.

Denn nach sechs Monaten ohne Bewusstsein gehen Nervenärzte von einem chronischen Koma aus. Doch selbst daraus können Betroffene noch erwachen. «Vor allem nach Hirnverletzungen kann sich einige Zeit noch etwas tun», sagt Sven Kantelhardt, Neurochirurg am Universitätsklinikum Mainz.

Einheitlicher im negativen Sinne ist die Prognose bei einem Koma durch Sauerstoffmangel. Ein Herz-Kreislauf-Stillstand oder auch ausgedehnte Schlaganfälle führen binnen Minuten zu schweren Hirnschädigungen, die oft eine schwere Bewusststeinstörung bedingen. Klart der Patient daraus über Monate nicht auf, sinkt die Chance auf Erholung deutlich. Fälle wie der des ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon, der acht Jahre im Koma lag, bevor er am 11. Januar dieses Jahres starb, kommen leider nicht selten vor. In Deutschland etwa soll es 40'000 Langzeitkoma-Patienten geben.

Die meisten dieser Fälle erwachen zwar – ohne aber das Bewusstsein wiederzuerlangen. Ein Wachkoma – auch apallisches Syndrom oder vegetativer Zustand genannt – besteht, wenn die Hirnrinde stark zerstört ist, tiefer gelegene Strukturen wie Hirnstamm und Hypothalamus aber erhalten geblieben sind. Dadurch erwacht der Patient und kann meist selbstständig atmen. Bewusstes Denken und Reagieren ist durch den Ausfall der höheren Hirnfunktionen aber nicht möglich.

Es braucht viel Geduld

Eine «Zwischenwelt», die in der letzten Zeit Bewusstseinsforscher und Rehabilitationsmediziner stärker beschäftigt, ist der sogenannte minimale Bewusstseinszustand. Dabei sind die höheren Hirnfunktionen teilweise erhalten, Bewusstsein und Wachheit fluktuieren. Solche Zustände können sich eher auch nach längerer Zeit noch bessern. «Das Aufwachen geschieht nicht schlagartig, wie man das im Fernsehen sieht», bemerkt Luca Regli. Üblicherweise handle es sich um einen steten Prozess. Ausschlaggebend sei, wie weit man dabei komme.

Auch im Fall Schumacher wird es Geduld brauchen – vermutlich mehr Geduld, als die öffentliche Aufmerksamkeit erlaubt. Anteilnahme und Interesse an seinem Zustand sind gegenwärtig verständlicherweise hoch, was die starke Berichterstattung widerspiegelt. Doch der mediale Eindruck eines Ausnahmezustandes werde konterkariert durch den klinischen Alltag, wie Sven Kantelhardt bemerkt: «Wir sehen solche Fälle ja leider jede Woche.» Allein in der Schweiz ziehen sich pro Jahr 3000 Menschen eine Hirnverletzung zu.

(Tages-Anzeiger)

Erstellt: 01.02.2014, 11:14 Uhr


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