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Der Atem verrät die Krankheit

Von Claudia Füssler.
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Viele Leiden hinterlassen Spuren in der Luft, die ein Mensch ausatmet. Wenn jemand etwa nach frischem Brot duftet, kann das auf Typhus hindeuten. Mediziner wollen die Atemanalyse nun für Diagnosen nutzen.

Eine Diagnose durch Duftmoleküle ist schnell, billig und ungefährlich. Die Forschung steht aber erst am Anfang.

Eine Diagnose durch Duftmoleküle ist schnell, billig und ungefährlich. Die Forschung steht aber erst am Anfang.
Bild: Jens Meyer/Keystone

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Krankheit kann man riechen. Das wusste schon der griechische Arzt Hippokrates von Kos, der seine Patienten vor gut 2500 Jahren darum bat, ihn einmal kräftig anzuhauchen und dann seine Schlüsse zog. Heilpraktiker, die nach der Traditionellen Chinesischen Medizin arbeiten, schliessen unter anderem aus dem Geruch des Atems auf mögliche Beschwerden des Kranken. Und auch in der westlichen Medizin weiss man längst, dass Krankheiten ihre olfaktorischen Spuren hinterlassen.

Diabetiker verströmen oft einen leichten Geruch nach Nagellackentferner, genauer: nach dessen Inhaltsstoff Aceton, der sich bildet, wenn eine Unterversorgung mit Zucker vorliegt. Eine kranke Leber, die gewisse Stoffwechselprodukte nicht mehr abbaut, lässt den Patienten nach tierischer Leber und Erde riechen, Nierenkranke sind an einem Hauch von Ammoniak erkennbar. Und wenn ein Mensch verlockend nach frischem Brot duftet, kann das auf Typhus hindeuten.

Schnüffelhunde machen es vor

Schon vor Jahren haben amerikanische Forscher von der Stiftung Pine Street im kalifornischen San Anselmo gezeigt, dass trainierte Hunde an menschlichen Atemproben erschnüffeln konnten, ob der Probengeber an Brust- oder Lungenkrebs erkrankt war oder nicht. Das alles zeigt: Die medizinische Atemanalyse hat durchaus das Potenzial, ins diagnostische Instrumentarium der Schulmedizin aufgenommen zu werden – wenn elektronische Nasen die fehleranfälligen Riechorgane von Mensch und Hund ersetzen und eine breite Datenbasis es erlaubt, die gewonnenen Ergebnisse richtig zu deuten. Hier steht die Wissenschaft allerdings noch am Anfang.

Die Teilchen, die in der Atemluft gemessen werden und Medizinern und Wissenschaftlern Hinweise geben sollen auf vorhandene Erkrankungen, sind sogenannte Metaboliten. Diese Zwischenprodukte entstehen bei biochemischen Stoffwechselvorgängen. Manche Metaboliten deuten auf spezifische Vorgänge hin, die wiederum typisch für einzelne Krankheiten sein können. «Wichtig ist es herauszufinden, welche Kombinationen von Metaboliten Rückschlüsse auf welche Krankheiten erlauben, da ist die Datenlage einfach noch viel zu dünn», sagt Jan Baumbach. Der Bioinformatiker forscht an der Universität Süddänemark in Odense an neuen Methoden zur entsprechenden Datenauswertung. Technisch, sagt Baumbach, gehe inzwischen viel. Derzeit gibt es drei unterschiedliche Methoden, um den Atem von Patienten zu analysieren: Sensortechniken, die Ionen-Beweglichkeits-Spektrometrie und die Massenspektrometrie.

Atemanalysen am Patientenbett

«Die preisgünstigsten Geräte kosten weniger als 10'000 Euro und arbeiten mit der Sensortechnik. Sie eignen sich allerdings nur dann, wenn man genau weiss, wonach man sucht und möglichst nichts oder nur wenig anderes da ist, was ja bei Atemluft an sich schwierig ist», sagt Jörg Baumbach. Der Wissenschaftler hat lange am Leibniz-Institut für analytische Wissenschaften an der Technischen Universität Dortmund an Geräten zur Atemanalyse geforscht und vor vier Jahren mit den Ergebnissen das Unternehmen B S Analytik gegründet.

Im Sonderforschungsbereich 876 der Deutschen Forschungsgemeinschaft beschäftigt er sich mit der Frage, wie Spektrometer beschaffen sein müssen, um eine optimale Atemprobe vom Patienten zu nehmen und diese exakt und ohne verfälschende Einflüsse zu deuten. «Für komplexe Gemische eignet sich die Ionen-Mobilitäts-Spektrometrie besonders gut, damit sind derzeit mehr als 600 Metaboliten messbar und die Geräte sind so beweglich, dass sie auch am Patientenbett einsetzbar sind», sagt Baumbach. Diese Geräte kosten von 50'000 Euro an aufwärts. Am weitaus besten lassen sich die im Atem enthaltenen Stoffe mit dem Massenspektrometer quantifizieren und identifizieren. Der Nachteil: Die Geräte sind mit mehr als 120'000 Euro extrem teuer und sehr immobil. Damit sind sie hervorragend geeignet für Analysen im Labor, aber kaum direkt am Patienten einsetzbar.

Die Herausforderung der Atemanalyse ist es, eine Art Fingerabdruck des Atems zu erstellen und herauszufiltern, welche Bestandteile in der Ausatemluft normal oder ungefährlich sind und welche auf eine therapiebedürftige Erkrankung hindeuten. Medikamente zum Beispiel, die ein Mensch nehmen muss, werden abgebaut und hinterlassen genauso ihre Spuren wie eine harmlose Infektion oder Erkältung. Hinzu kommt, dass sich der Atem eines jeden Menschen im Tagesverlauf immer wieder unterschiedlich zusammensetzt.

«Sie müssen sich vorstellen, dass wir beim Atmen wirklich alles aufnehmen und dann entsprechend auch messen – vom Parfum der Krankenschwester, die die Untersuchung durchführt, über das, was der Patient zu Mittag gegessen hat, bis zu den Abbauprodukten des frisch gemähten Rasens, über den er kurz vor der Untersuchung gelaufen ist», erklärt Jan Baumbach, der mit seinen Kollegen die Daten mittels einer Ionen-Beweglichkeits-Spektrometrie gewinnt. «Unsere Nachweisgrenze ist deutlich höher als die einer Hundenase.»

Weltweite Datenbank geplant

Aus so vielen individuellen Merkmalen muss jetzt eine Basis geschaffen werden, aus der allgemeingültige Kriterien für die Diagnose von Krankheiten gewonnen werden können. Um eine weltweit verfügbare Datenbank speisen zu können, braucht es so viele Atemproben wie möglich – von Gesunden und Kranken, Alten und Jungen, Männern und Frauen, morgens, mittags, abends und nachts genommen. Allerdings stösst der Plan nicht bei manchen Ärzten auf Ablehnung. «Viele Mediziner lassen sich ungern von einer Maschine erzählen, was ihre Patienten haben könnten», sagt Jan Baumbach. Immerhin: Je mehr Erfolge mit der Atemanalyse publiziert werden, desto mehr nehme auch der Widerstand ab. Denn ganz abgesehen von den erzielbaren Resultaten punktet die Diagnose durch Duftmoleküle auch durch ihre pragmatische Seite: Sie ist schnell, billig und nicht invasiv. Gewebeproben, Röntgen, ja selbst das Blutabnehmen bergen für den Patienten mehr Risiken und sind mit mehr Aufwand verbunden als das Ausatmen. Selbst bei Bewusstlosen kann der Atem überprüft werden.

Individuelle Atemsignatur

Das Ziel einer objektiven Atemanalyse verfolgen auch Forscher an der ETH Zürich und dem Universitätsspital Zürich. Renato Zenobi, Professor am Laboratorium für Organische Chemie, und seine Kollegen nutzen ein Massenspektrometer, mit dem das Molekulargewicht von Substanzen gemessen werden kann. In einer Studie, die im April im Fachmagazin «PLOS One» erschienen ist, haben die Schweizer den Atem von 11 Versuchspersonen über 11 Tage lang gemessen. Dabei konnten sie zeigen, dass das individuelle Atemmuster gleich bleibt. «Wir sprechen da von einer sogenannten Kernsignatur, die trotz geringer tageszeitlicher Schwankungen konstant genug ist, dass sie für die medizinische Anwendung brauchbar ist», sagt Zenobi.

Massentauglich sei die Technik aber bei Weitem noch nicht. Jetzt, da man wisse, dass wohl jeder Mensch einen individuellen Atemabdruck habe, gehe es darum, diesen über einen längeren Zeitraum zu verfolgen und zudem die entsprechende Signatur von Krankheiten zu entschlüsseln, den sogenannten Breathprint. Dafür wird der Atem von Patienten verglichen, die alle die gleiche Lungenkrankheit haben. Die Forscher hoffen, ein Muster zu entdecken, das sich bei allen Kranken findet, um so eine Diagnosemöglichkeit entwickeln zu können. Dass sie ausgerechnet mit Atemkrankheiten experimentieren, ist naheliegend: Sie rechnen sich die höchsten Chancen auf einen raschen Fund bestimmter Biomarker aus. Langfristig jedoch hoffen die Atemforscher, auch die Signaturen anderer Krankheiten identifizieren zu können. Das Nonplusultra aber, sagt Renato Zenobi, sei die Atemanalyse nicht. «Ich bin mir sicher, dass wir nicht all das, was wir über Blut und Urin analysieren können, im Atem besser repräsentiert haben», sagt der Schweizer Forscher. «Aber die Atemanalyse hat den entscheidenden Vorteil, dass sie unheimlich schnell ist.»

Dank dieser Unmittelbarkeit eröffnet die Atemanalyse vielleicht sogar neue Möglichkeiten, die Therapien von Schwerkranken zu verbessern. Im Falle einer Sepsis zum Beispiel, in der Ärzte gegen die Zeit kämpfen, könnte innerhalb von einer, zwei Stunden getestet werden, ob das eingesetzte Antibiotikum wirkt oder ob auf ein anderes Mittel ausgewichen werden muss. Ähnlich könnte die Atemanalyse während einer Chemotherapie eingesetzt werden – kommen die ausgewählten Medikamente auch wirklich ihrer zugedachten Aufgabe nach oder muss vielleicht die Dosierung verändert werden?

«Es wird noch eine Weile dauern, bis das in der alltäglichen Praxis umsetzbar ist», sagt Jan Baumbach, der in der Früherkennung von Krankheiten ein weiteres grosses Potenzial der Atemanalyse sieht. Beim Hausarzt könnte zum routinemässigen Blutdruckmessen auch die routinemässige Atemanalyse kommen. Binnen kürzester Zeit wüsste der Mediziner, ob sein Patient Hinweise auf eine Krankheit in sich trägt. (Tages-Anzeiger)

Erstellt: 28.10.2013, 08:59 Uhr


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