Campus wird olympisch – Psychologe Frester: "Was im Kopf passiert, ist …

Die Sportler müssen in der Lage sein, sich unter verschiedenen Trainings- und Wettkampfbedingungen selbst zu regulieren. Dafür lernen sie mentale Techniken, um Energie zu mobilisieren. Wenn der Athlet vor dem Start nervös ist oder unter großem Leistungsdruck leidet, sind diese Verfahren besonders wichtig. Zunehmend werden sie auch für die beschleunigte Regeneration eingesetzt, um sich psychisch schneller von Belastungen zu erholen.

Wie sehen solche mentalen Techniken aus?

Darauf kann man pauschal keine Antwort geben, da der Methodeneinsatz sehr stark von den psychologischen Problemen des Sportlers abhängt und die sind individuell erfahrungsgemäß unterschiedlich ausgeprägt. In jedem Falle wird es zur Lösung der mentalen Anforderungen Methodenkombinationen geben.

Vor dem Start sieht man viele Sportler in sich gekehrt und konzentriert. Was geht da in den Köpfen vor?

Der Athlet stellt sich bildhaft seine folgenden Bewegungen vor und spricht sie halblaut vor sich her. Es ist nachgewiesen, dass allein durch die Vorstellung elektrische Impulse im Muskel ausgelöst werden. Diese Art der Vorerwärmung unterstützt dann den richtigen Bewegungsablauf. In diesen Phasen ist es entscheidend, was im Kopf passiert.

Und wenn Angst und Druck den Sportler dann doch übermannen…

Es stimmt, viele Sportler neigen dazu, sich auf Punkte zu fixieren, die schon einmal schiefgelaufen sind. Dann müssen sie mit Selbstbefehlen arbeiten und ihre Konzentration auf andere Punkte lenken. Nützlich ist die Gedankenstopp-Technik. Wenn sich Athleten permanent mit Störfaktoren auseinandersetzen, wird der Misserfolg programmiert. Stattdessen muss sich der Sportler sagen „Halt“. Dann spielt er im Kopf stufenweise nach, was er besser machen muss. Er muss in der aktuellen Situation positiv auflisten, was er dort zu machen hat. Dafür legen wir richtige Listen an.

Das klingt in der Theorie einfach, aber wie sieht es in der Praxis aus?

Auch das muss natürlich trainiert werden. Im Vorfeld werden bewusst Störfaktoren eingebaut, auf die der Sportler mit Alternativen reagieren muss, so zum Beispiel unerwartete Zeitverzögerungen vor einem Wettkampf. Das können die Sportler ganz schnell verinnerlichen.

Sind Sie selbst auch in London dabei?

Nein, vor Ort hat man keine Möglichkeit, direkt mit den Sportlern zu arbeiten. Als Psychologe schläft man nicht im Olympischen Dorf. Ich bin zu der Zeit im Urlaub auf Hiddensee und werde die Wettkämpfe meiner Athleten vor dem Fernseher verfolgen und mitfiebern.

Wenn Sie Ihre Sportler direkt vor dem Start sehen – wissen Sie, was in ihnen dann vorgeht?

Hellseher bin ich ja nicht, aber ihr Verhalten vor dem Start zeigt mir, wie intensiv sie sich vorbereitet haben. Wenn der Wettkampf dann noch gut läuft, mailen wir uns danach.

Die Autorin Gesine Prägert ist Mitglied der Lehrredaktion Campus, einem Gemeinschaftsprojekt des Studiengangs Journalistik der Universität Leipzig und der Leipziger Volkszeitung.

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