Bindungsforschung Urvertrauen – Basis einer guten Entwicklung

Den einen fällt das Leben leicht. Sie leben in einer stabilen Partnerschaft, kommen mit Stresssituationen gut klar und denken positiv. Die anderen suchen Nähe und haben gleichzeitig Angst vor einer festen Partnerschaft. Auf berufliche Herausforderungen reagieren sie gestresst und panisch. Aber warum sind wir so unterschiedlich ausgestattet? Warum gehen wir unterschiedlich mit unserem Leben um?

Lebensglück entsteht durch Urvertrauen





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Dr. Karl Heinz Brisch
"Kindheit bestimmt Körper, Psyche und Verhalten"


Die Bindungsforschung untersucht, welchen Einfluss die gute Beziehung zur Mutter oder einer anderen Haupt-Bezugsperson auf die weitere Entwicklung eines Menschen hat - seelisch und gesundheitlich. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen Erlebnissen in der frühen Kindheit und dem späteren Lebensglück gibt. Die emotionale Beziehung zwischen Kindern und Eltern ist dabei ausschlaggebend.

Was ist Bindung?

Psychologen verstehen unter Bindung das Verhältnis zwischen Mutter oder Vater und Kind. Idealerweise ist es von Zugewandtheit und Sicherheit geprägt. Angeregt durch seine Beobachtungen als Leiter einer Mutter-Kind-Gruppe begann der britische Kinderpsychiater John Bowlby in den fünfziger Jahren mit der Bindungsforschung.

Die ersten drei Jahre entscheiden

Das Forscherpaar Karin und Klaus Grossmann hat über 100 Lebensläufe dokumentiert. Sie haben die Kinder in mehreren Lebensphasen beobachtet und die Erkenntnisse notiert. Ihr Forschungsergebnis: Die kindliche Entwicklung hängt davon ab, ob auf die Bedürfnisse und Emotionen des Kindes angemessen reagiert wird. Was in den ersten drei Jahren schief läuft, hat Auswirkungen auf das ganze Leben.

Bindung beginnt im Mutterleib




Auch Männer können die Hauptbezugsperson sein.

Das Urvertrauen beginnt bereits im Mutterleib: ein Ort vollkommener Geborgenheit. Hier beginnt die Bindung zur Mutter. Das Verhältnis zur ersten Bezugsperson dient als Modell dafür, wie wir mit anderen Menschen umgehen, mit ihren und unseren Gefühlen. Die Bindungsforschung geht davon aus, dass ein Baby weiß, was es braucht. Deswegen müssen Eltern die Äußerungen ihres Kindes ernst nehmen. Wenn es weint, sollten sie zu ihm kommen, um es zu beruhigen. Die Eltern müssen die Signale erkennen und den Bedürfnissen des Babys nachgehen.

Geduld ist besser als Perfektionismus

Die Signale zu deuten ist natürlich ein Lernprozess. Und sichere Bindung entsteht nicht dadurch, dass die Mutter das Kind immer sofort versteht. Die Forschung zeigt, dass im Gegenteil gerade unvermeidliche Missverständnisse, die anschließend korrigiert werden, sehr gut für den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung sind. Wenn die Eltern auf ihr Kind eingehen, lernt es, dass es eine sichere Umgebung hat. Ob die Bezugsperson mit dem Säugling verwandt ist, ob Frau oder Mann, ist dabei unerheblich. Wichtig ist allein, dass jemand verlässlich für das Kind da ist.

Vernachlässigte Kinder leiden ihr Leben lang




Rumänische Waisenkinder 1990

Was mit der Psyche und auch mit dem Gehirn passieren kann, wenn ein Kind im Kleinkindalter keine Bindung erfährt, zeigt das Besipiel rumänischer Waisenkinder. Vor über 20 Jahren gingen die Bilder der abgemagerten, apathischen Kinder, die in schmutzigen Heimen lebten, um die Welt. Es zeigte sich: Wenn Kinder keine feste Bindung aufgebauen können, führt das zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Das Gehirn ist nicht ausgeformt, wie ein untrainierter Muskel.

Psychotherapie kann helfen




Urvertrauen schafft Lebensglück.

Menschen, die in ihrer Kindheit kein Urvertrauen durch eine sichere Bindung aufbauen konnten, leiden oft ein Leben lang darunter: Sie tun sich schwer, Beziehungen zu anderen aufzubauen und zu halten – und verstehen nicht, warum. Auch wenn es schwierig ist, Versäumtes nachzuholen – eine Psycho- oder Traumatherapie kann dabei helfen, mehr Selbstvertrauen und Selbstsicherheit zu entwickeln. Auch Erwachsene können zum Beispiel mit einem einfühlsamen Partner noch Urvertrauen entwickeln.

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