Berliner Regisseur Thomas Langhoff ist tot

Berlin (RP). Er gehörte nie zu den grellen Theatermachern, die durch ihren Stil, ihren unverkennbaren Zugriff auf Stoffe an ihrem Ruf arbeiten. Thomas Langhoff war ein Meister des Subtilen, inszenierte genau, behutsam, politisch hellhörig. Er hat sich für die Psychologie von Charakteren, für die Dynamik zwischen Figuren interessiert und so aus großen Stoffen die Themen herausgearbeitet, die sein aktuelles Publikum angingen. Weil das sein Ansatz war, hat er Tschechow inszeniert, Ibsen, Gorki, Hauptmann, Strindberg, Schnitzler und manchmal auch zeitgenössische Stücke wie Volker Brauns "Übergangsgesellschaft" 1988 am Gorki-Theater. Ein Jahr vor dem Fall der Mauer erzählte er da auf der Bühne von einer zerfallenden Gesellschaft – und sein Publikum verstand.

Langhoff stammt aus einer Theaterdynastie, war der Sohn von Wolfgang Langhoff, der nach kurzer Station am Düsseldorfer Schauspielhaus in der DDR das Deutsche Theater leitete, bis er in Konflikt geriet mit den dogmatischen Vorgaben der SED-Kulturkommissare. Die Familie führte in Ost-Berlin ein großbürgerliches Leben. Bertolt Brecht und Helene Weigel wohnten in der Nachbarschaft, zu den Freunden zählten Anna Seghers, Hanns Eisler und der Lyriker und Kulturminister Johannes R. Becher.

Thomas Langhoff begann seine Theaterkarriere als Schauspieler. Er studierte zunächst in Leipzig, spielte dann am Theater in Potsdam und für das DDR-Fernsehen. 1977 inszenierte er erstmals selbst – Hauptmanns "Einsame Menschen" in Berlin – und war fortan als Regisseur erfolgreich, arbeitete an den großen Bühnen des Landes, auch im Westen.

Nach der Wende übernahm er 1991 die Intendanz des Deutschen Theaters in Berlin, jenes Hauses, das zu DDR-Zeiten sein Vater geleitet hatte. Zehn Jahre blieb er dort, führte das Theater durch die schwierigen Umbruchzeiten, verschaffte jungen Theatermachern wie Thomas Ostermeier Raum in der kleinen Avantgarde-Spielstätte Baracke. Nach zehn Jahren verlängerte der Berliner Senat seinen Vertrag jedoch nicht. Langhoff hat das getroffen. Doch er arbeitete weiter als freier Regisseur in Wien, Berlin, München, übernahm große Arbeiten. 2007 etwa inszenierte er am Wiener Burgtheater Schillers "Wallenstein" mit Gert Voss.

Eine neue künstlerische Heimat nach dem Weggang vom Deutschen Theater fand Langhoff zuletzt an der ehemaligen Brecht-Bühne, dem Berliner Ensemble. Dort läuft derzeit seine Inszenierung von Tschechows "Kirschgarten". Ein Stück des Abschieds, des Untergangs, der Todesahnung. Es wird nun Langhoffs Vermächtnis sein. Am Samstag ist er 73-jährig in Berlin an Krebs gestorben.

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