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Kurznachrichten

Ludwigshafen (dpa/tmn) - Statt einem Job haben pflegende Berufstätige gleich zwei: Im Unternehmen müssen sie funktionieren. Daheim haben sie aber auch nicht frei. Damit es am Arbeitsplatz problemlos läuft, sollten Mitarbeiter mit dem Chef reden.

Manche trifft es unerwartet: Ein Schlaganfall - und plötzlich ist der Pflegefall in der Familie da. Michael Kopietz, 57 Jahre alt und promovierter Chemiker, hatte in dieser Hinsicht Glück. Die Pflegebedürftigkeit seiner Eltern entwickelte sich langsam und er konnte sich vorbereiten. Doch irgendwann war klar: Seine regelmäßigen Besuche am Wochenende reichten nicht mehr aus, damit es seinen Eltern gut geht. Seine Schwester, die sich bislang hauptsächlich kümmerte, brauchte mehr Unterstützung.

Ende 2012 stand Kopietz damit vor einer Herausforderung, die viele in Deutschland kennen: Er hatte nicht nur einen Vollzeit-Job. Kopietz leitet bei BASF einen Betrieb mit 25 Menschen, der Produkte für den Brandschutz herstellt. Er hatte Angehörige, die seine Unterstützung brauchten. Bei seinem Vater wurde ein Rückenleiden diagnostiziert, mittlerweile hat er Pflegestufe I.

Schon jetzt gibt es nach Angaben des Bundesfamilienministeriums in Deutschland 2,25 Millionen Menschen, die berufstätig sind und einen Angehörigen pflegen. Und wegen des demografischen Wandels werden es in Zukunft noch mehr: 2007 gab es 2,2 Millionen Menschen, die pflegebedürftig waren. 2030 sollen es schon 3,4 Millionen sein. Deswegen hält das Ministerium für alle Betroffenen eine Info-Broschüre zum Download bereit.

«Eine Doppelbelastung aus Pflege und Beruf bedeutet für die Betroffenen sehr viel Stress», sagt Imke Wolf. Die Psychologin betreut das Online-Portal für Angehörige pflegen-und-leben.de, das vom Bundesfamilienministerium gefördert wird. Zudem kommt die Doppelbelastung oft plötzlich. Sie empfiehlt deshalb allen Familien, den Umgang mit dem Thema Pflege zu diskutieren, bevor es soweit ist.

Dabei seien nicht nur die Kinder gefragt. Alternde Eltern können ihren Kindern viel Druck nehmen, wenn sie ihre Kinder ansprechen und sie bitten: «Können wir das durchgehen?» Denn gibt es für den Fall der Fälle einen Plan, reduziert das den Stress ungemein.

Tritt die Situation ein und Berufstätige entscheiden sich, die Pflege für ihre Eltern zumindest teilweise zu übernehmen, sollten sie ihren Arbeitgeber informieren. «Als Chef will man wissen, was los ist», sagt die Karriereberaterin Svenja Hofert aus Hamburg.

«Viele Arbeitnehmer mögen jedoch nichts sagen, weil sie es zu privat finden», sagt Wolf. Das hat jedoch oft negative Folgen. Denn der Unmut wächst beim Chef und den Kollegen schnell, wenn ein Mitarbeiter nicht funktioniert wie sonst - und keiner weiß, warum.

Kopietz erzählte seinen Chefs schnell, was los war. Zudem stellte er einen Antrag, seine Arbeitszeit zu reduzieren. Statt 100 Prozent wollte der Betriebsleiter nur noch 80 Prozent arbeiten. Die Vorgesetzen stimmten dem Antrag zu. Sie hätten ihn auch nur schwer ablehnen können. Denn in dem Konzern gibt es eine Betriebsvereinbarung, nach der pflegende Arbeitnehmer einen Anspruch darauf haben, ihre Arbeitszeit zu reduzieren.

Doch auch ohne eine Betriebsvereinbarung wie bei BASF sind Arbeitnehmer nicht ohne Rechte: Jeder hat bei einer akut auftretenden Pflegesituation nach dem Pflegezeitgesetz das Recht auf zehn freie Tage (Paragraf 2). Reicht das nicht, können Mitarbeiter in Betrieben mit mehr als 15 Angestellten auch eine Pflegeauszeit von bis zu sechs Monaten nehmen (Paragrafen 3 und 4).

Ein recht zahnloser Tiger ist dagegen das Familienpflegezeitgesetz. Danach sollen pflegende Angehörige ihre Arbeitszeit reduzieren können - ohne dass ihr Lohn im selben Umfang gekürzt wird. Das klingt gut, doch der Pferdefuß daran ist: Der Anspruch ist nicht verbindlich. Fehlt eine Betriebsvereinbarung wie bei BASF, brauchen Arbeitnehmer die Zustimmung des Vorgesetzten.

Quelle: n-tv.de

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