Euskirchen (sac). "Schwer in Form", so lautet
das Motto der Adipositasschulung für Kinder und Jugendliche.
Mit dem Programm "Leichter, aktiver, gesünder"
sollen Ess- und Bewegungsverhalten der Kinder und Jugendlichen
verändert werden. Außerdem werden die Eltern geschult,
damit das Erlernte Zuhause weitergeführt werden
kann.
Das Adipositas-Zentrum Eifel begann in Euskirchen vor einem
halben Jahr mit dem Pilotprojekt und kann schon erste Erfolge
verzeichnen. Von den dreizehn Teilnehmern zwischen elf und sechzehn
Jahren sind zwölf dabei geblieben und haben bis zu zwölf
Kilogramm abgenommen. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer hat
an Gewicht verloren und bei allen haben sich die medizinischen
Laborwerte merklich verbessert.
Die Jugendlichen treffen sich zweimal pro Woche nachmittags in
einer festern Gruppe. Montags findet in der Sporthalle des
Thomas-Eßer-Berufskollegs der Sportkurs statt, während
freitags im "Haus der Familie" der theoretische
Unterricht abgehalten wird. Der ganzheitliche Ansatz wird von
entsprechenden Fachleuten unterstützt.
Die Kinderärztin Dr. Hildegunde Waldecker-Krebs hat das
Adipositas-Zentrum Eifel gemeinsam mit der Diätassistentin
Marita Bünger gegründet. Sie klärt die jungen
Teilnehmer über die gesundheitlichen Folgen von krankhaftem
Übergewicht auf. Die Diplom-Oecotrophologin Stefanie
Krüchten-Sbrzesny vermittelt theoretisches Wissen zur
sinnvollen und angemessenen Zusammenstellung von Mahlzeiten, was
anschließend beim gemeinsamen Kochen umgesetzt werden kann.
Die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Susanne Heiter fördert
im Verhaltenstraining die Selbstwahrnehmung der Jugendlichen.
Der Zusammenhang zwischen Essverhalten und psychosozialen
Faktoren wie etwa mangelnder Anerkennung und Aktivität soll
aufgedeckt und analysiert werden. Im geschützten Raum der
Gruppe können dann gemeinsam Alternativen erarbeitet werden.
Die Arbeit mit den Eltern zielt auf die Erziehungskompetenz und die
Sensibilisierung für die echten Bedürfnisse der
Kinder.
Die Sportkurse mit Sportlehrer Markus Strauch und
Sportwissenschaftlerin Daniela Kamps vom Kreissportbund Euskirchen
runden das Programm ab. In Konkurrenz zur passiven
Freizeitgestaltung vor Fernseher, Computer oder Playstation ist die
sportliche Betätigung eine tragende Säule einer
erfolgreichen Adipositastherapie. Mit verschiedenen Gasttrainern
können die Jugendlichen neue Sportarten für sich
entdecken und Verbindungen zu Sportvereinen knüpfen.
Der 14-jährige Nico und die 13-jährige Silvana
gehören zu den besonders erfolgreichen Teilnehmern der
Schulung. Beide haben jeweils rund zehn Kilogramm abgenommen.
Endlich ein Erfolg nach vorher vergeblichen Diätversuchen.
Nico verbringt jetzt weniger Zeit vor dem Fernseher und hat Hockey
und Fußball für sich entdeckt. "Die Bereitschaft zur
Teilnahme muss da sein", erklärt Dr. Waldecker-Krebs. Sie
beginnt jetzt, zwölf neue Teilnehmer für den
nächsten Jahreskurs ab September auszuwählen.
Das Prozedere vor der Aufnahme ist langwierig, eine Reihe
ärztlicher Untersuchungen müssen durchgeführt und
ausgewertet werden. Ein Antrag auf Kostenübernahme muss an die
Krankenkasse gestellt und eventuelle Überschneidungen mit
Schulveranstaltungen müssen berücksichtigt werden.
Aufnahmekriterium ist in erster Linie ein Body Mass Index (BMI),
der die 99,5 Perzentile übersteigt. Ein BMI über der 97,5
Perzentile reicht aus, wenn Risikofaktoren wie Typ-2-Diabetes,
Schlaganfälle oder Herzinfarkte in der Familie bekannt sind.
Die BMI-Perzentilen werden speziell für Kinder und Jugendliche
berechnet, um auch Alter und Geschlecht berücksichtigen zu
können. Ein BMI der 99,5 Perzentile entspricht bei einem
Jugendlichen von 15 bis 16 Jahren etwa einem BMI über 30.
In Deutschland sind fast 20 Prozent aller Kinder und
Jugendlichen unter 18 Jahren übergewichtig. Sieben Prozent
gelten sogar als fettsüchtig. Übergewicht erhöht das
Risiko, bereits in jungen Jahren an schwerwiegenden Erkrankungen
wie Arthrose, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs zu
erkranken. Die Ursachen für die Zunahme sind vielschichtig:
Veränderungen im sozialen Umfeld (doppelverdienende Eltern),
im Nahrungsangebot (alles leicht verfügbar, viele
hochkalorische Snacks), im Bewegungsangebot (mit Bus und Auto zur
Schule) und im inaktiven Freizeitverhalten (Fernseher, Computer).
Hier setzt "Schwer in Form" an.
Finanziert wird die Schulung zu 80 Prozent von den
Krankenkassen. Die Teilnehmer tragen selbst noch einen Eigenanteil
von 25 Euro im Monat (12,50 Euro für Besitzer des
Euskirchen-Passes). Informationen sind bei Marita Bünger unter
der Telefonnummer 02251-65246 erhältlich.