Willkommen in Putins Propaganda-Maschinerie



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Berner Zeitung




Philippe Stalder
Newsredaktor


Willkommen in Putins Propaganda-Maschinerie

Ein russischer Journalist gibt ein kritisches Interview über Putin – und wird innerhalb von Stunden gefeuert. Der Fall lässt tief blicken.

«Wenn man die Psychologie unseres Präsidenten betrachtet, die nicht ganz einfach ist, dann muss man behaupten, dass er ziemlich beleidigt ist»: Konstantin Goldenzweig über Putins Reaktion auf die Ausladung aus der G-8. Video: YouTube / phoenix (8. Juni 2015)

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Über zehn Jahre lang war Konstantin Goldenzweig für den russischen Fernsehsender NTW als Reporter tätig, zuletzt als Deutschland-Korrespondent. Er führte seine Arbeit stets pflichtbewusst aus, ohne dabei von der Linie des Putin-Regimes abzuweichen. Als der 32-jährige Reporter am Montag vergangener Woche während des G-7-Gipfels in Elmau jedoch vom deutschen Spartensender Phoenix spontan zu einem Interview angefragt wurde, sagte er für einmal seine wahre Meinung.

«Da meine Kündigung in drei Wochen bevorstand und die Sendung an einem Montag um 14 Uhr auf einem relativ kleinen Fernsehsender ausgestrahlt wurde, dachte ich mir, das wäre eine schöne Gelegenheit, einmal meine Meinung zum amtierenden Präsidenten Russlands zu sagen.»Konstantin Goldenzweig im ZDF (10. Juni 2015)

Goldenzweig war der einzige russische Journalist, der sich am G-7-Gipfel gegenüber dem deutschen Fernsehsender zu Putin äussern wollte, der vor dem Ukrainekrieg selber am Tisch der Wirtschaftsgrossmächte sass. Doch das Interview vor der Elmauer Skischanze sollte das letzte sein, das Goldenzweig als offizieller Vertreter eines der drei grössten russischen Fernsehsender geben sollte.

Vorgesetzte «ausser sich vor Wut»

Mit seinen Aussagen zu Putins Psyche, zum möglichen Zusammenbruch des «autoritären Systems», zu Russlands Interesse an einem instabilen Donbass sowie seiner Analogie der deutsch-russischen Beziehungen zum politischen Pragmatismus der 80er-Jahre brachte der Reporter das russische Propaganda-Fass zum Überlaufen: Am nächsten Tag erhielt er einen Anruf eines Kollegen, der ihm erzählte, dass seine Vorgesetzten «ausser sich vor Wut» wären. Seine Kündigung bräuchte er nicht mehr abzuwarten, er sei fristlos gefeuert.


Gemischte Reaktionen: Manche Kommentatoren beschimpfen den Reporter wüst, andere gratulieren ihm zu seiner «Heldentat». Bild: Facebook/Konstantin Goldenzweig (18. Juni 2015)

Innerhalb einer Stunde wurde Goldenzweigs Interview von einer Bloggerin ins Russische übersetzt, erklärte der Reporter gegenüber dem ZDF. Danach brach ein Shitstorm über den Reporter herein: «Wer gibt ihm das Recht, im Namen Russlands zu sprechen», hinterfragten einige Kommentatoren seine Legitimität. Er sei eine Schande für das Land, kommentierten andere. Doch auch aus kremlkritischen Kreisen hagelte es Kritik: «Jahrelang verkaufte er seine Seele an den Teufel und nun versucht er mit dieser billigen Masche den Absprung.»

Diese Überläufer-Kritik wurde zudem von seinem ehemaligen Arbeitgeber angefeuert, der unter dem Titel «Machs gut, Kostja» auf der Internetseite des Senders die Biografie Goldenzweigs mit einer Auflistung seiner regimetreuen Aufsager auswechselte. Die Botschaft war eindeutig: Jahrelang hast du immer schön mitgespielt, also mach jetzt bitte nicht einen auf Opposition.

Verdächtiger Zeitpunkt

In der Tat ist der Zeitpunkt von Goldenzweigs politischem Sinneswandel etwas verdächtig: Es scheint, als hätte sich der russische Journalist den deutschen Medien bloss angebiedert, da er wusste, dass sein Arbeitsvertrag in wenigen Wochen auslaufen würde: Seine Stelle hatte er bereits im März gekündigt. Der selbsternannte Watchblog für deutsche Medien Dokumentor unterstellt dem Reporter deshalb, Goldenzweig habe seinen Abgang bewusst inszeniert, um einen Job beim ZDF zu ergattern:

Über die wahren Beweggründe Goldenzweigs kann nur spekuliert werden. Nichtsdestotrotz zeigt sein Fall eindrücklich auf, wie die russische Propaganda-Maschinerie – um die gleichgeschaltete Informierung der Öffentlichkeit zu erhalten – unliebsames Verhalten eigener Journalisten nicht nur im Nachhinein sanktioniert, sondern auch schon präventiv zu verhindern sucht.

Nachdrückliche Empfehlungen

Als Goldenzweig realisierte, dass sich seine Karriere als russischer Reporter wohl unwiderruflich dem Ende zuneigt, gab er der kremlkritischen Internetzeitung «Meduza» – die aus dem Exil in Riga berichtet – ein aufschlussreiches Interview darüber, wie in russischen Redaktionen Übereinstimmung mit der Regierung hergestellt wird.

«Manchmal erhielten wir auf speziellen Karten konkrete Anweisungen darüber, wie wir eine kontroverse Geschichte zu erzählen hatten: Welche Ereignisse wir betonen, und welche wir besser unerwähnt lassen sollten. Wir alle wussten Bescheid, dass sie aus dem Büro des Präsidenten kamen.»Konstantin Goldenzweig, Meduza (16. Juni 2015)

Weiter verbreitet als die expliziten Anweisungen aus dem Kreml sei jedoch der implizite und nicht zu unterschätzende Kontrollmechanismus der Selbstzensur gewesen: Nach einigen Zurechtweisungen habe man die Selbstzensur, das sensible Verständnis dafür, welche Berichterstattung dem Regime genehm ist und welche nicht, fast vollständig internalisiert. Die Anreize zur Selbstzensur hätten jedoch nicht nur aus ideologischen, sondern auch aus ökonomischen Faktoren bestanden, so der abtrünnige Reporter.

Da es ausgesprochen zeitaufwändig ist, mit der Redaktionsleitung über ein bestimmtes Zitat erst zu diskutieren, um es danach kleinlaut aus dem Beitrag wieder herauszuschneiden, würden die meisten Redaktoren nach einigen Nachtschichten freiwillig auf die so anfallenden Überstunden verzichten. Nicht nur zu ihrem eigenen Vorteil, sondern eben auch zum Vorteil der Regierung. (Bernerzeitung.ch/Newsnet)

Erstellt: 18.06.2015, 16:51 Uhr


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114 Kommentare

Heinz Burri


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12



Gleichschaltung der Medien. Gabs alles schon mal...

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Georg Eisenstiel


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63



Hört doch bitte endlich mit dieser hetzerei auf wir wollen keinen Krieg in Europa!

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