Wie negative Gefühle das Gehirn vernebeln

Unsere Emotionen sind Hinweise, wie wir eine Situation bewerten, sie lösen Handlungsimpulse aus. Zum Beispiel löst Furcht den Impuls zur Flucht aus, Zorn dagegen verleitet zum Angriff. Solche negativen Emotionen schränken die Perspektive ein, positive erweitern sie (engl. broaden), öffnen das Herz und machen kreativ. Aus dieser Beobachtung hat die Psychologin Barbara Fredrickson ihre „broaden and build“ Theorie entwickelt: Der Umgang mit Emotionen und unser Verhältnis dazu sind entscheidend, denn beide, positive und negative Gefühle, haben ihre Berechtigung. Negative Gefühle sind in konkreten Situationen überlebenswichtig, positive für langfristiges Lernen.

Leider haben die negativen Emotionen nicht nur einen schlechten Einfluss auf unseren Körper, indem sie zum Beispiel die Arbeit des Immunsystems behindern und Entzündungen fördern, Heilungsprozesse verlangsamen oder dem Herzen schaden. Sie haben auch mentale Konsequenzen. Wir wiederholen das Problem innerlich immer wieder und es wird in unserer Erinnerung größer, als es in der Realität je war. Diese negativen Gedanken führen zum sogenannten „Tunnelblick“. 

Der Tunnelblick raubt Freiheit

Unsere Wahrnehmung fokussiert sich auf all das, was zu unseren Annahmen passt, alles andere filtern wir gnadenlos heraus. Das, was wir sehen, ist ein Mini-Ausschnitt, und wir nennen ihn „Realität“. Eigentlich müssten wir „meine Realität“ sagen. Haben wir uns einmal darauf eingeschossen, dass unsere Arbeit stresst und nervt, dann wird das auch so sein, weil wir nur diese Aspekte wahrnehmen. Dieses Phänomen geht so weit, dass wir uns mit Menschen umgeben und solche als Ratgeber suchen, die uns in unserer Meinung bestärken.

Auch unsere Verhaltensentscheidungen passen zu unseren Gedanken. Ein Gedanke ist wie ein Verhaltensprogramm. Das Gehirn unterscheidet nicht, ob er gut oder schlecht für uns ist, also ob wir etwas befürchten oder „herbeisehen“. Es richtet sich kritiklos nach diesem Denken. Wenn wir zu einer Geburtstagsfeier mit dem Gedanken gehen, dass dort nur lauter Langweiler anzutreffen sind, dann werden wir uns genau zu diesen setzen und unsere Meinung bestätigt finden.

Der verengte Blick durch Mangelgefühle führt dazu, dass wir einen kleineren Entscheidungsspielraum nutzen, alte Muster wiederholen, auch wenn sich diese nicht bewährt haben. Wenn wir gut drauf sind, ist unser Gehirn dagegen kreativ und vielseitig, verschafft uns einen größeren Überblick. Wenn wir Stress haben, uns ärgern oder Sorgen machen, ist unsere Wahrnehmung eingeschränkt und nur Routinen werden genutzt. Wird der Stress größer, nimmt der Überblick immer mehr ab, das unlogische Verhalten immer mehr zu. Irgendwann verhalten wir uns wie Kinder, also weinen, schreien oder werden bockig. Ganz am Ende der Kette kommt die Erstarrung: Wir können uns dann gar nicht mehr angemessen verhalten.

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