Wenn die Liebe abhängig macht – Kölner Stadt

Nicht nur Drogen, Tabletten oder Nikotin können abhängig machen. Auch in Beziehungen passiert es immer wieder, dass ein Partner ohne den anderen nicht oder nicht mehr zurechtkommt. Auf der untersten Ebene geht es meist um wirtschaftliche Abhängigkeit: „Bis in die 80er Jahre waren Frauen bedingt durch schlechtere Bildungsabschlüsse und eine geringere Erwerbstätigkeit in der Mehrzahl von ihren Partnern wirtschaftlich abhängig“, erläutert Andreas Klocke, Professor für Soziologie an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Bei älteren Frauen und Migrantinnen sei das häufig noch immer so. Junge Frauen dagegen sind heute wesentlich seltener auf ihren Partner angewiesen.

„Darüber hinaus gibt es viele Beziehungen, in denen beide wechselseitig voneinander abhängig sind“, ergänzt Walter Roscher vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen in Berlin. „Da wurde zum Beispiel ein Haus gebaut oder gekauft. Der Kredit muss abbezahlt werden, keiner von beiden wäre alleine dazu in der Lage, das Haus zu halten.“

Lebenspraktische Abhängigkeiten

Materielle Abhängigkeiten sind vergleichsweise leicht zu erkennen und oft unvermeidbar. Bewusst ist das vielen Paaren aber nicht. Deshalb gilt: „Es muss darüber gesprochen werden“, rät Roland Kachler, Leiter der psychologischen Beratungsstelle der Diakonie in Esslingen.

Eine zweite Kategorie sind lebenspraktische Abhängigkeiten. „Innerhalb von Beziehungen haben wir häufig geschlechtsspezifische Aufgabenverteilungen: Der Mann ist für Reparaturen, Auto und Versicherungen zuständig, die Frau für Haushalt und Kinder“, erläutert Soziologe Klocke. Jeder macht das, was er am besten kann, und entlastet so den anderen. Nur: Je autonomer Partner diese Dinge managen, umso mühsamer wird es im Fall einer Trennung oder eines Unfalls. Denn dann wird der Partner mit Aufgaben konfrontiert, die er bislang an den anderen abgegeben hatte.

Wichtig sind deshalb Absprachen, am besten schon zu Beginn einer Beziehung. Später gilt es dann, das Einschleifen von Gewohnheiten zu vermeiden. Paare müssen sich also immer wieder fragen, ob die Verteilung ihrer Aufgaben noch stimmt oder neu organisiert werden muss. Die Alternative besteht darin, den anderen in die eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse einzuweihen und gemeinsam zu werkeln, zu kochen oder auch die Steuererklärung zu machen.

Warnzeichen für eine ungesunde Abhängigkeit

Die dritte Ebene schließlich sind emotionale Abhängigkeiten. „Es ist ganz normal und gehört zum Wesen einer Beziehung, dass die Partner wechselseitig aufeinander angewiesen sind“, sagt Psychologe Kachler. Solange beide die Sicherheit und das Vertrauen haben, dass sie alleine leben können und weder praktisch noch auf die Anerkennung des anderen angewiesen sind, kann die wechselseitige Bindung durchaus stabilisierend wirken. Es darf nur nicht das Gefühl entstehen, dass einer den anderen beherrscht oder benachteiligt.

Warnzeichen für eine ungesunde emotionale Abhängigkeit sind zum Beispiel, dass ein Partner sich anpasst, alles für die Beziehung tut, auf eigene Wünsche verzichtet, sich an den Partner klammert und Konflikten aus dem Weg geht. Die Beziehung fühlt sich schal an, sexuelle Nähe gibt es nicht mehr. Diese Signale schleichen sich meist nach und nach in den Alltag ein.

Eigenständigkeit trotz Beziehung zu bewahren

Die Gefühlsebene ist am schwersten zu fassen, auch für die Betroffenen selbst. Regelmäßig Bilanz zu ziehen, kann für Paare hilfreich sein, zum Beispiel einmal im Jahr. Im Gespräch könnten beide fragen, ob sie sich miteinander wohlfühlen. „Unbehagen muss ausgesprochen, Erwartungen sollten thematisiert werden“, schlägt Roscher vor.

Wichtig ist auch, dass Partner sich trotz Beziehung ihre Eigenständigkeit bewahren - zum Beispiel, indem sie Freundschaften unabhängig vom anderen pflegen. Das verhindere, dass sie sich nur noch auf den Partner fixierten. Gleichzeitig könne das Gespräch mit Außenstehenden dabei helfen, über die Partnerschaft zu reflektieren - und so eine andere Perspektive auf die eigene Beziehung kennenzulernen. (dpa)

Wie ist es um die eigene Partnerschaft bestellt? Zehn Anzeichen für eine kaputte Beziehung lesen Sie in der Bildergalerie.

1. Geringe Einsatzbereitschaft

Spricht einer der beiden Partner oft von Trennung oder trifft er Entscheidungen für die Zukunft (zum Beispiel einen Jobwechsel) ohne den anderen, ist seine Einsatzbereitschaft gering. Einsatzbereit ist der Partner dagegen, wenn er sich an Abmachungen hält, zum Beispiel anruft, wenn es bei der Arbeit später wird. (Bild: dpa)


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