Weltwirtschaftlicher Preis 2012

Martti Ahtisaari, ehemaliger Staatspräsident Finnlands und Friedensnobelpreisträger, Daniel Kahneman, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften und Nathan Eagle, Mitbegründer und Geschäftsführer von Jana, sind die Preisträger des Weltwirtschaftlichen Preises 2012, der während der Kieler Woche (16. bis 24. Juni) verliehen wird.

Mit dieser Auszeichnung würdigen das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW), die IHK Schleswig-Holstein und die Landeshauptstadt Kiel Politiker, Ökonomen und Unternehmer, die sich als Vordenker einer weltoffenen, marktwirtschaftlichen Gesellschaft verdient gemacht haben. Der Preis soll einen Anstoß dazu geben, die großen weltwirtschaftlichen Herausforderungen im Dialog zwischen den verschiedenen Gruppen der Gesellschaft kreativ zu bewältigen. Dies teilten Kiels Stadtpräsidentin Cathy Kietzer, IHK-Schleswig-Holstein-Vizepräsident Klaus-Hinrich Vater und IfW-Präsident Prof. Dennis J. Snower am Montag, dem 14. Mai mit.

Die Preisverleihung findet am Sonntag, 17. Juni, um 11 Uhr im Haus der Wirtschaft, Bergstraße 2, in Kiel statt. Vor der Preisverleihung am 17. Juni wird es um 10.45 Uhr im Veranstaltungsraum einen Fototermin mit den Preisträgern geben. Bundespräsident Gauck wird als Ehrengast die Festrede halten.

Mit dem Weltwirtschaftlichen Preis werden Persönlichkeiten geehrt, die sich im besonderen Maße durch ihr Vordenken und Vermitteln weltwirtschaftlicher Lösungsansätze, ihre Dialog­fähigkeit und Dialogbereitschaft über ihre Fachgrenzen hinaus und ihr Eintreten für eine auf Eigenverantwortung basierende, sozial verantwortungsvolle Gesellschaft auszeichnen. Der Preis wird an einen hochrangigen Politiker, an einen renommierten Wirtschaftswissenschaft­ler und einen herausragenden Unternehmer verliehen. Der Weltwirtschaftliche Preis ist undo­tiert. Die Preisträger im vergangenen Jahr waren der damalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, Lawrence Summers, Präsident Emeritus der Harvard University und Ex-Wirtschaftsberater von Präsident Obama, und Victor L.L. Chu, Chairman der First Eastern Investment Group in Hongkong.

Weitere Informationen zu den Preisträgern des Weltwirtschaftlichen Preises 2012:

Martti Oiva Kalevi Ahtisaari, geboren am 23. Juni 1937 in Viipuri, damals Finnland und heute Russland, ist Vorsitzender der Crisis Management Initiative. Er war finnischer Staatspräsident (1994–2000) und wurde im Jahr 2008 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Ahtisaari habe, so das Osloer Komitee, „wesentliche Beiträge geleistet, um internationale Konflikte zu lösen”.

Nach einer Lehrerausbildung an der Universität Oulu (Abschluss 1959), zog Ahtisaari nach Pakistan, wo er sich für die YMCA engagierte. Von 1965 bis 1973 bekleidete er verschiedene Ämter im finnischen Außenministerium. Als Botschafter vertrat er sein Land in Tansania (1973–1976), Sambia, Somalia und Mosambik. In dieser Zeit übernahm er ab 1975 auch Auf­gaben für die Vereinten Nationen, insbesondere für Namibia. Zwischen 1978 und 1988 wirkte er als UN-Sonderbeauftragter für Namibia. Im Jahr 1984 kehrte er nach Finnland zurück, um Staatssekretär im Auswärtigen Amt zu werden. 1987 wechselte er als Untergeneralsekretär für Verwaltung und Management zu den Vereinten Nationen, eine Aufgabe, die er zusätzlich zu der Leitung der UN Transition Assistance Group für Namibia übernahm. Bevor ihm 1992 der Vorsitz der Bosnien-Herzegowina-Arbeitsgruppe übertragen wurde, wurde er 1991 finnischer Außenminister. Im Jahr 1994 wurde Ahtisaari zum Staatspräsidenten Finnlands gewählt. Während seiner Amtszeit trat Finnland der EU bei. Als EU-Beauftragter für das Kosovo setzte er gemeinsam mit Victor Chernomyrdin und Strobe Talbott den Abzug der serbischen Streitkräfte aus der Provinz durch. Ahtisaari vermittelte außerdem im Konflikt um die Unabhängigkeit der Aceh-Region in Indonesien. Im Jahr 2000 gründete er die Crisis Management Initiative, die sich für Friedensprozesse in den Konfliktregionen der Welt einsetzt.

Martti Ahtisaari hat viele Auszeichnungen erhalten, darunter 23 Ehrendoktortitel. Unter anderem hat er den dänischen Elefanten-Orden (1994), das Großkreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik (1997), den Franklin D. Roosevelt Four Freedoms Award (2000), den Hessischen Friedenspreis (2000), die Manfred Wörner-Medaille (2007), den UNESCO-Félix-Houphöuet-Boigny-Friedenspreis (2008) erhalten. 2008 wurde ihm der Friedens­nobelpreis verliehen.

Daniel Kahneman, geboren am 5. März 1934 in Tel Aviv, Israel, ist ein israelisch-amerikanischer Psychologe, der 2002 zusammen mit Vernon L. Smith den Nobelpreis für Wirtschaftswissen­schaften erhalten hat. Kahneman wurde „für das Einführen von Einsichten der psycho­logischen Forschung in die Wirtschaftswissenschaft, besonders bezüglich Beurteilungen und Entscheidungen bei Unsicherheit” geehrt. Er ist seit 2007 emeritierter Professor der Psycho­logie und Senior Scholar und hat außerdem die Eugene-Higgins-Professur für Psychologie an der Woodrow Wilson School für öffentliche und internationale Angelegenheiten der Princeton Universität inne. Kahneman ist außerdem seit 2000 Mitglied im Center for Rationality der Hebräischen Universität in Jerusalem. In den letzten Jahren hat sich sein Arbeitsschwerpunkt auf die Glücksforschung verlagert.

Das Studium (Hauptfach Psychologie, Nebenfach Mathematik) schloss Kahneman 1954 mit dem Bachelor of Science an der Hebräischen Universität in Jerusalem ab. Mit dem Universitätsabschluss trat er 1954 seinen Wehrdienst in der psychologischen Abteilung des Militärs an. Dort half er, vielversprechende Kandidaten für die Offizierslaufbahn zu identi­fizieren. Seine Hauptaufgabe war es, ein Verfahren für das Eingangsinterview von Rekruten aller Kampfeinheiten zu entwickeln. Sein Interviewsystem wurde vom Militär über viele Jahrzehnte hinweg nahezu unverändert genutzt. Nach Abschluss seines zweijährigen Militärdienstes hat er seinen Ph.D. in Psychologie an der Universität Berkeley in Kalifornien erworben. Kahneman wirkte von 1970 bis 1978 als Professor der Psychologie an der Hebräischen Universität Jerusalem, von 1978 bis 1986 an der University of British Columbia und von 1986 bis 1994 an der Universität Berkeley in Kalifornien.

Er ist Mitglied der nationalen Akademie der Wissenschaften, der Philosophischen Gesellschaft und der amerikanischen Akademie für Kunst und Wissenschaften. Darüber hinaus ist er Mitglied in der amerikanischen Psychologischen Gesellschaft, in der Gesellschaft für Experimentelle Psychologen und in der Ökonometrischen Gesellschaft. Viele Arbeiten des Psychologen werden dem Gebiet der Behavioral Economics zugerechnet, das sich mit dem Verhalten von Menschen in Entscheidungssituationen befasst. Die von Kahneman zusammen mit seinem 1996 verstorbenen Kollegen Amos Tversky entwickelte Prospect Theory sowie ihre Arbeiten zu Heuristiken hinterfragen das traditionelle Menschenbild des Homo oeconomicus in der Wirtschaftswissenschaft und liefern eine alternative Sichtweise, um das menschliche Verhalten zu erklären. Kahnemans Arbeiten inspirierten eine neue Generation von Ökonomen, die Wirtschaftsakteure nicht mehr als streng rationale, sondern vielmehr als emotional Handelnde und manchmal auch irrende Menschen betrachten.

Daniel Kahneman hat viele Auszeichnungen erhalten, darunter unter anderem den Distinguished Scientific Contribution Award of the American Psychological Association (1982) und den Grawemeyer Prize (2002), beide zusammen mit Amos Tversky, die Warren Medal of the Society of Experimental Psychologists (1995), den Hilgard Award for Career Contributions to General Psychology (1995) und den Lifetime Contribution Award of the American Psychological Association (2007). 16 Universitäten haben ihm die Ehrendoktorwürde verliehen, u.a. die Universität Würzburg (2004).

Nathan Eagle, geboren am 30. Dezember 1976 in Kalifornien, USA, ist Mitgründer und Geschäftsführer des Unternehmens Jana. Darüber hinaus ist er Assistenzprofessor an der Harvard University, Gastprofessor am Massachusetts Institute of Technology (MIT), Omidyar Fellow am Santa Fe Institute und Forschungsprofessor an der Northeastern University. Er gilt als Pionier des Reality Mining, der Möglichkeit, aus sehr großen Datenmengen sinnvolle Strukturen zu identifizieren. Nathan Eagle hat einen B.Sc. in Maschinenbau, einen M.Sc. in Betriebswirtschaft und Maschinenbau und einen M.Sc. in Elektrotechnik an der Stanford University erworben.

2005 machte Eagle seinen Ph.D. am MIT Media Laboratory. Seine Doktorarbeit über Reality Mining wurde von der MIT Technology Review als eine der „10 Technologien, welche aller Voraussicht nach unsere Lebensgewohnheiten ändern wird“ ausgezeichnet. 1997 war er Ingenieurstudent bei der NASA/Lockheed Martin in Kalifornien. Eagle war 2001 Gastdozent am Fraunhofer Institut in Magdeburg.

2009 gründete Nathan Eagle zusammen mit Ben Olding die Firma txteagle.com, die heute Jana heißt. Fasziniert von der Allgegenwart des Mobiltelefons in Entwicklungsländern begann er mit der Entwicklung einer Softwareplattform, die es ermöglichen sollte, direkten Kontakt zu Handybesitzern herzustellen, vor allem in den Entwicklungsländern. Diese sollen über ihre Telefone nützliche Informationen über lokale Begebenheiten bereitstellen und dafür mit Gesprächszeit bezahlt werden. Für diese Art des Einsatzes von Arbeitnehmern ist der Begriff des Crowdsourcing geprägt worden. Laut Eagle ist das System auf Billiarden von Aufgaben und Milliarden von Arbeitnehmern ausgelegt. Eagle versteht seine Arbeit auch als Entwicklungshilfe nach dem Motto „make money, do good“. Die Firma hat Verträge mit ca. 220 Mobilfunkbetreibern in mehr als 80 Ländern abgeschlossen.

Nokia bezeichnete Nathan Eagle 2008 als einen der weltbesten Anwendungsentwickler für Mobiltelefone. 2009 gewann er den von der MIT Technology Review ausgelobten TR-35 Award; die Zeitschrift ehrt jedes Jahr herausragende Innovatoren, die jünger als 35 Jahre sind. Außerdem hat Nathan Eagle sein Unternehmen im Rahmen von Bill Clintons Global Initiative als Musterprojekt für nachhaltige Globalisierung vorgestellt. Seine wissenschaftlichen Arbeiten sind in den Zeitschriften Science, Nature und PNAS erschienen und seine Forschungsergebnisse sind in The New York Times, The Wall Street Journal, Business Week und vom amerikanischen TV-Sender CNN präsentiert und kommentiert worden.

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