Die Waschküche ist verdreckt, auf dem Balkon finden laute Grillabende statt, die Kinder der Nachbarn schreien wie am Spiess. Hauswartin Giulia Cantoni (46) weiss, worüber sich Mieter in die Haare geraten. Nebenamtlich betreut die Kosmetikerin 82 Wohnungen in Neuhausen am Rheinfall SH und muss sich dabei immer wieder mit Beschwerden herumschlagen.

Damit der Streit im Treppenhaus nicht ausartet, schickt die Bau- und Wohngenossenschaft Rhenania seit einem Jahr ihre sechs Abwarte zum Psycho-Kurs.

Krach gebe es vor allem immer wieder «zwischen älteren und jüngeren Mietern oder zwischen verschiedenen Kulturen», erklärt Genossenschaftspräsident Kurt Schnieper. «Damit die Abwarte das besser lösen können, ist eine psychologische Schulung bei uns Pflicht.»

Sogar ein Diplom gibts

«Psychologie im Treppenhaus» heisst der eintägige Kurs, den die Hauswarte mit einem Diplom abschliessen. Auf dem Stundenplan stehen Konfliktprävention, Konfliktbearbeitung und Integration von neuen Mietern.

Die Kosten für den Lehrgang, 420 Franken, übernimmt die Rhenania. «Das ist es uns wert», sagt Schnieper. «Denn die Hauswarte bekommen meist die ganzen Probleme ab. Die sind praktisch die Mülleimer der Mieter.»

Nebenbei sollen die Teilnehmer aber auch lernen, das Miteinander im Haus zu fördern.  «Uns ist wichtig, dass Hauswarte sich auch mit älteren, einsamen Menschen beschäftigen. Schon ein paar Worte helfen oft viel. Auch dazu gehört Feingefühl», sagt Schnieper.

Hauswartin Cantoni konnte das Gelernte schon gut brauchen. Eine Nachbarin hatte sich über den Geruch aufgeregt, den neue Mieter beim Grillieren auf dem Balkon produzierten. Cantoni reagierte nach Lehrbuch: «Erst versuchen, eine Lösung mit der Nachbarin zu finden, bevor ich mit den neuen Mietern spreche.» Als versierte Treppenhaus-Psychologin weiss sie jetzt auch, dass sie nie überreagieren und sich nicht sofort auf die Seite eines Mieters schlagen sollte. «Ich habe gelernt, Mieter ernst zu nehmen. Man muss miteinander sprechen, bevor ein Streit eskaliert», sagt Cantoni.