Weiblichen Chefs werden Fehler eher verziehen

Chefs werden Fehler eher übelgenommen als Chefinnen: Wenn ein Mann in einer Führungsposition etwas falsch macht, leidet sein Ansehen bei seinen Mitarbeitern deutlich stärker, als wenn eine weibliche Führungskraft den gleichen Fehler begeht, zeigt eine Studie von US-Forschern, in der Probanden das Verhalten fiktiver Vorgesetzter beurteilen sollten. Besonders ausgeprägt war der Unterschied, wenn es sich bei dem Tätigkeitsfeld um eine klassisch männliche Domäne handelte.

Dahinter steckt vermutlich immer noch das althergebrachte Rollenbild der Geschlechter, schreiben die Forscher um Christian Thoroughgood von der Penn State University in University Park im "Journal Of Business And Psychology". Bei Männern wird Stärke und Kompetenz vorausgesetzt, während von Frauen in manchen Bereichen gar nicht erst erwartet wird, dass sie sich bewähren. Oder man gibt ihnen einen (zweifelhaften) Fehlerbonus, der zeigt, dass man sie nicht ganz ernst nimmt.

Aggressionen positiv ausgelegt

Führungskräfte müssen Kompetenz und Durchsetzungsvermögen ausstrahlen, damit ihnen ihre Mitarbeiter vertrauen und ihren Anweisungen folgen. Bereits in einer früheren Studie hatten Psychologen gezeigt, dass männliche Vorgesetzte dabei vor allem mit klassisch männlichen Eigenschaften punkten: Sogar Aggressionen, Wut und Ärger werden eher positiv ausgelegt, eine Rechtfertigung oder Erklärung des eigenen Verhaltens hat dagegen einen negativen Einfluss auf das Ansehen.

Bei weiblichen Führungskräften ist die Lage genau umgekehrt: Zeigen sie Anzeichen von Ärger, gelten sie schnell als cholerisch und damit weniger kompetent.

Die neue Studie weist in eine ähnliche Richtung. In diesem Fall untersuchten die Forscher jedoch, wie sich Fehlentscheidungen auf das Ansehen der Führungskräfte auswirkten. Dazu rekrutierten sie 284 Studenten, die im Durchschnitt auf drei Jahre Erfahrung als Arbeitnehmer zurückschauen konnten.

Beurteilung nach fiktiven Mails

Die Probanden sollten sich vorstellen, sie seien Angestellte und wurden dann gebeten, angebliche E-Mails zu beurteilen, in denen das Verhalten ihres Vorgesetzten beschrieben wurde. Als Szenarien wählten die Forscher gezielt Berufsfelder aus, die als typisch weibliche beziehungsweise typisch männliche Tätigkeiten gelten.

So beschrieb ein Teil der Mails die Arbeit im einem Krankenhaus, bei der die Führungskraft als Oberschwester beziehungsweise als Oberpfleger bezeichnet wurde. Der Rest bezog sich auf eine Baufirma, in der die Vorgesetzten ein Vorarbeiter oder eine Vorarbeiterin waren. Zu den angeblichen Fehlern gehörten falsche Bestellungen – im Fall der Klinik von Medikamenten und Verbandsmaterial, in der Baufirma von Steinen und Aluminiumrohren.

Die Testteilnehmer füllten nach dem Lesen der E-Mails Bögen aus, in denen sie mehrere Fragen beantworten sollten, darunter, wie kompetent ihnen die Führungskraft erscheint, als wie effektiv sie sie beurteilen würden und ob sie gerne für diesen Chef arbeiten würden.

Empfehlung: Keine Fehler machen

Das Ergebnis: Fehler senkten wie erwartet insgesamt das Ansehen der Vorgesetzten sowie die Bereitschaft, für sie zu arbeiten. Wie ausgeprägt der Effekt war, kam jedoch auf den Kontext an. So machte es im Krankenhaus keinen Unterschied, ob die Fehler machende Führungskraft männlich oder weiblich war.

Im Baugewerbe dagegen büßten männliche Vorarbeiter massiv an Ansehen ein, während ihren weiblichen Pendants die Fehlentscheidungen nahezu vollständig verziehen wurden.

Offenbar greifen hier alte Stereotype der Geschlechterrollen, interpretieren die Forscher ihre Ergebnisse. Besonders das Vorurteil "Echte Männer machen keine Fehler" scheine einen starken Einfluss auf die Bewertung zu haben.

Als Fazit daraus solle man Führungskräften eigentlich empfehlen, gar keine Fehler zu machen, meinen die Forscher. Da das allerdings unrealistisch sei, sollten sie zumindest Fehler genau analysieren und sich der unterschiedlichen Wirkungen der verschiedenen Fehlerarten bewusst sein.

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