Was träume wirklich über uns aussagen

"Meine Güte, habe ich ein verrücktes Zeug geträumt", denken sich viele beim Aufwachen. Dann reihen sich meist Bilder aneinander, die vor dem inneren Auge nur halbwegs scharf zu sehen sind - und vor allem, die auf den ersten Blick nicht besonders viel Sinn ergeben. Aber eben dieses "wirre Zeug", hat oftmals doch eine ganz konkrete Bedeutung. "Träume spiegeln das wider, was uns wirklich beschäftigt", erklärt Professor Michael Schredl, Traumforscher am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI).

Was Albträume bedeuten

"Allerdings erleben wir dann nicht einfach die gleiche Situation wie im Alltag, sondern im Traum werden die Dinge dramatisiert, damit sie deutlicher zu Tage treten." So wird beispielsweise im Alltag niemand von einem Ufo entführt oder von einem Monster verfolgt. "Aber so ein Monster, das im Traum hinter einem her ist, steht letztlich für ein bestimmtes Grundmuster, das für den Träumer im Wachzustand eine wichtige Bedeutung hat", so Professor Schredl. Bei Verfolgungsträumen handelt es sich dabei meistens um ein Vermeidungsverhalten. Das heißt, dass sich der Träumer im Alltag mit einer Situation oder einer bestimmten Angst nicht konfrontieren will, und dieses Muster so stark ist, dass er auch nachts davor davon läuft.

Weitere wichtige Grundmuster sind etwa das der Prüfungssituation oder des Fallens. "Fallen ist einer der drei häufigsten Albträume", erklärt der Traumforscher. "Es geht dabei für den Träumenden um das Gefühl, ohnmächtig zu sein, darum den Halt verloren zu haben, und um den Glauben, dass das mit dem sicheren Tod endet", weiß Schredl. Parallel dazu deutet Fall-Traum darauf hin, dass es im Wachzustand ein Grundgefühl gibt, Dinge nicht in den Griff zu bekommen.

Zwar sind gerade Albträume für den Schläfer alles andere als angenehm, doch sowohl die positiven als auch die negativen Traumbilder bieten tatsächlich große Chancen: "Träume sind als eine Art Brainstorming zu verstehen", sagt Schredl, "ob sie hilfreich sind, wird erst im zweiten Schritt bewertet." Was der Traumforscher damit meint ist, dass die scheinbar wirren und wüsten Bilder im Traum eigentlich eine Art schöpferischer Umgang mit dem Wacherleben sind. Bilder, Emotionen und Erlebnisse werden kreativ zusammengesetzt und interpretiert. Aus diesem Grund, kommt es auch immer wieder vor, dass Menschen durch ihre Träume zu Ideen und Lösungen von Aufgaben finden, denen sie sich gerade intensiv widmen. 

Schlechte Träume im Wachzustand verändern

Doch nicht nur der Traum bietet Lösungen für die Realität, sondern die Realität bietet auch Lösungsmöglichkeiten für das Träumen. "Menschen, die sich mit ihren Träumen beschäftigen wollen, oder die viele Albträume haben, können damit einiges bewirken", so Professor Schredl. In Langzeitstudien wurde herausgefunden, dass sich die Inhalte von Albträumen verändern lassen, wenn sie im Wachzustand bewusst weitergedacht werden. "Das heißt, erst einmal muss ich mich fragen, was habe ich in der Traumsituation erlebt? Und dann fragt man sich, was darin für mich hilfreich gewesen wäre?", erklärt der Traumforscher. Wer häufig unter Verfolgungsträumen leidet, könne sich in der Vorstellung etwa Hilfe dazu holen. Über solche neue Lösungen für schlechte Träume nachzudenken "sorgt zum einen dafür, dass die Albträume mit der Zeit verschwinden, und zugleich werden indirekt neue Verhaltensweisen für den Wachzustand erlernt," so Schredl. "Denn letztlich handeln Albträume einfach von Situationen, in denen wir uns im Alltag nicht zu helfen wissen." Mit der Brechstange sollte man diesen Prozess aber nicht erzwingen. Denn die meisten Grundmuster, die sich in Träumen zeigen, würden schon früh gelernt, und es brauche etwas Geduld und Ausdauer, sie zu verändern.

Träume als Bezieungshelfer

Eine weitere Frage, der Schredl auf den Grund gegangen ist, ist jene nach dem Auftauchen von Liebespartnern in Träumen. "Wir konnten zeigen, dass der Partner oder die Partnerin in etwa 20 Prozent der Träume vorkommt", so der Traumforscher. Wirklich wichtig erscheint jedoch eine andere Erkenntnis aus den entsprechenden Studien. "Wir haben herausgefunden, dass es Paarbeziehungen verbessert, wenn die Partner miteinander über ihre Träume reden", sagt Schredl. Als Grund sieht der Wissenschaftler, dass Träume einen ganz anderen Einstieg in Themen bieten - insbesondere in die schwierigen. Anstatt über eine real erlebte Situation zu sprechen, wird durch das Reden über einen Traum indirekt die Brücke zu echten Gefühlen, Bedürfnissen und Ängsten im Paargespräch geschlagen.

Von der Idee eines Traumlexikons, in dem ein bestimmtes Bild aus einem Traum genau für eine bestimmte psychologische Komponente stehen soll, wie sie seit der Antike und im Mittelalter genutzt wurden, hält Schredl wenig. "Dieser Ansatz lässt außer Acht, dass ein Traum etwas hoch individuelles ist", sagt er, "außerdem haben Träume in der Psychoanalyse einen relativ komplexen Entstehungsprozess, und es braucht sehr lange, um dem auf den Grund zu gehen." Im kognitiven Ansatz dagegen, wird der Traum als eine Art Erlebnis gesehen, das widerspiegelt, was dem Träumer auch im Wachzustand häufig passiert, begegnet und wichtig ist.


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