Was eine Wohnung verraten kann

Sei es die knallrote FC-Bayern-Bettwäsche oder die schlammfarbene Kunstledercouch: Es gibt Einrichtungsdetails in Männer-Wohnungen, bei denen Frauen am liebsten die Flucht ergreifen würden. So ein Gefühl ist mehr als eine seltsame Anwandlung. Wer zum ersten Mal die Wohnung einer neuen Flamme betritt, sollte sich ruhig sorgfältig umschauen. "Die Gestaltung verrät oft mehr über den Bewohner, als ihm bewusst ist", erklärt der Münchner  Wohnpsychologe Uwe Linke. "Man richtet seinen Lebensraum nämlich instinktiv ein."

Welche Rückschlüsse auf den Charakter man aus einer Einrichtung ziehen kann, zeigt Linke in seinem Buch "Single-Frau wählt Single-Mann ? und schaut sich seine Wohnung an". Darin analysiert der 48-Jährige unter anderem die Wohnungen von zehn Single-Männern. Im Vordergrund steht der Gesamteindruck, den die Einrichtung hinterlässt, die bevorzugten Farben, Strukturen und Materialien. "Besonders verräterisch sind aber oft bestimmte Details", sagt Linke. So kann ein kleines, buntes Landschaftsgemälde in einer sonst durchgestylten Wohnung die verborgenen Sehnsüchte seines Bewohners verkörpern.

Eine Wohnung kann blenden

Um auf solche Hinweise zu stoßen, muss man schon genau hinschauen. Denn eine Wohnung kann blenden: Manchmal ist sie nur darauf ausgerichtet, eine bestimmte Wirkung zu erzielen – etwa besonders cool, protzig oder exklusiv zu erscheinen. "Das ist meistens Kompensation", sagt Linke: Der Bewohner versucht damit zum Beispiel, seine große Verletzlichkeit zu verbergen. Sensible Gäste spüren aber schnell, dass die Gestaltung "nicht echt" ist.  

Bei seinen Analysen greift Linke auf einen reichen Erfahrungsschatz zurück. Der Sohn einer Architektenfamilie ist ausgebildeter Modedesigner und hatte 25 Jahre lang ein Einrichtungshaus in Passau. Da er sich schon immer stark für Menschen interessiert hat, ließ er sich vor rund 15 Jahren zum Lebensberater und Persönlichkeitscoach weiterbilden. So kam es zur Verknüpfung von Innenarchitektur und Psychologie. Heute berät er Geschäfts- und Privatkunden bei der Gestaltung von Räumen aller Art.

Doch auch ohne geschulten Blick kann ein Single an der Nest-Gestaltung seiner Neueroberung viel erkennen. "Man kann sich da auf die Intuition verlassen", sagt Linke. Sie allein reicht im Grunde schon, um beurteilen zu können, ob die Einrichtung zu einer Person passt – ein positives Zeichen. Oder ob sie Unbehagen auslöst.

"Aufschlussreich ist vor allem das Schlafzimmer", berichtet der Wohnpsychologe. Bei der Gestaltung dieses Raums geht es schließlich um ganz verschiedene Bedürfnisse: um Sinnlichkeit und Sex, aber auch um Ruhe und Rückzug. "An der Gestaltung zeigt sich, wie cool oder wie emotional ein Mensch an diese Themen herangeht", sagt Linke. "Aufgrund der Farben und der Ausstrahlung des Raums kann man sich fragen: Wie leidenschaftlich kann es hier wohl werden?"

Wer zum Beispiel auf sämtliche Vorhänge, Bilder und Accessoires verzichtet, neigt dazu, die Dinge zu versachlichen. Zarte Vorhänge im Schlafzimmer offenbaren dagegen Weichheit. Und wenn der Bewohner ein Faible für Orangerot und Schwarz an den Tag legt, kann man vermuten, dass Erotik für ihn ein wichtiges Thema ist. "Besonders wichtig ist aber, nicht von einem Merkmal auf eine Eigenschaft zu schließen, sondern offen für ein Gesamtbild zu bleiben", betont der Experte.

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