Warum klicken wir eigentlich? Erfolgreiche Überschriften und die Psychologie …

Achtet mal drauf: Die meisten Überschriften, die euch zum Klicken verleiten, haben das gleiche Muster. Sie arbeiten mit Zahlen oder enden mit einem Fragezeichen. Einige versprechen eine Überraschung – doch oft steckt dahinter leider reiner Clickbait und der Wow-Effekt ist gar nicht so groß, wie anfangs erhofft.

Wir wollen hier gar nicht darauf eingehen, ob das gut oder schlecht ist. Fakt ist: Es wird geklickt! Wir wollen uns in diesem Beitrag lieber mit der Psychologie dahinter beschäftigen. Warum klicken wir im Internet vor allem auf solche Überschriften? Oder besser: Warum können wir uns ihnen nicht entziehen?

„Adolf Hitler trägt nicht die Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg“

Erfolgreiche berschriften: Adolf Hitler trgt nicht die Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg (Foto: Everett Historical / Shutterstock.com)
Erfolgreiche Überschriften: „Adolf Hitler trägt nicht die Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg“ (Foto: Everett Historical / Shutterstock.com)

Eine Strategie lässt sich ganz gut mit einer Erkenntnis erklären, die die Autoren Chip und Dan Heath im Rahmen ihren Buches „Made to Stick: Why Some Ideas Survive and Others Die“ thematisiert haben. Die beiden Brüder und Professoren an den Elite-Universitäten Stanford und Duke, haben sechs essentielle Prinzipien erforscht, die es begünstigen, dass Ideen sich in die menschlichen Köpfe einpflanzen – und eines dieser Prinzipien baut auf dem Überraschungsfaktor auf.

Damit sich Interesse für ein Thema bilden kann, ist es von großer Bedeutung, dass wir verblüfft werden. Das geschieht, sobald wir etwas erfahren, das wir vorher nicht wussten – vor allem aber, wenn die Erkenntnis mehr oder weniger verblüffend ist. Eine Überschrift wie „Forscher entdecken Spuren von Leben auf dem Mars“ oder „Adolf Hitler trägt nicht die Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg“ würde wohl kaum jemanden kalt lassen.

„Unser Gehirn liebt es, neue Erfahrungen zu machen!“

Überraschende Überschriften sind erfolgreich, weil unser Gehirn es liebt, neue Erfahrungen zu machen – respektive Erkenntnisse zu sammeln. Das entsprechende Lustzentrum im Gehirn wird immer dann eingeschaltet, wenn wir unberechenbare statt erwartbare Dinge erfahren. Insofern ist auch nicht jede Nachricht gleich interessant. Der plötzliche Tod von Robin Williams und die unnatürliche Ursache des Ablebens überwältigen unsere Neugier, während das x-te Griechenland-Rettungspaket und die guten Gründe dafür oder dagegen uns inzwischen eher weiterscrollen lassen.

„Machst du die Klo-Tür zu, wenn du ganz alleine zu Hause bist?“

Erfolgreiche berschriften: Machst du die Klo-Tr zu, wenn du ganz alleine zu Hause bist? (Grafik: Shutterstock-Atomazul)
Erfolgreiche Überschriften: „Machst du die Klo-Tür zu, wenn du ganz alleine zu Hause bist?“ (Foto: Shutterstock-Atomazul)

„Die besten Überschriften binden den Leser ein!“

Fragezeichen-Überschriften sind ebenfalls beliebt im Netz, denn auch sie kitzeln unsere Neugierde hervor. Psychologisch gesehen passiert im Gehirn Folgendes: Sobald wir eine Frage vor uns haben, denken wir im ersten Schritt über unsere eigene Antwort nach und gehen dann im zweiten Schritt dazu über, die eigene Meinung mit dem Inhalt im Beitrag abzugleichen. Dahinter steckt ein ganz normaler Impuls. Der Mensch ist ein soziales Wesen und er will wissen, ob sein Gedanke dem Konsens entspricht – und falls nicht, warum nicht. Fragen in Überschriften implizieren einen sogenannten „Information Gap“, den der Leser in der Regel versucht zu füllen.

Die besten Fragezeichen-Überschriften gehen dabei so weit, dass sie den Leser komplett einbinden. „Machst du die Klo-Tür zu, wenn du ganz alleine zu Hause bist?“ ist so eine Frage, die jeder beantworten kann. Sie ist sicherlich nicht die Wichtigste in unserem Leben, aber wir denken unweigerlich darüber nach und wollen wissen, ob unser Verhalten normal ist. Ein Klick dürfte bei der Überschrift sicher sein.

Übrigens: Witzigerweise ist die Antwort auf eine nicht persönliche Frage in einer Überschrift fast immer ein klares Nein! „Haben wir endlich ein Heilmittel gegen AIDS gefunden?“ Natürlich nicht, sonst würden man kein Fragezeichen dahinter setzen. Diese Regel nennt man „Betteridge’s Law“ – aber das nur am Rande. Auch Leser können die Psychologie umdrehen und klickbare Überschriften schon vor dem Aufruf entlarven.

„12 Dinge, die du im Leben getan haben solltest!“

Erfolgreiche berschriften: 12 Dinge, die du im Leben getan haben solltest! (Grafik: Shutterstock-Sergey Furtaev)
Erfolgreiche Überschriften: „12 Dinge, die du im Leben getan haben solltest!“ (Foto: Shutterstock-Sergey Furtaev)

Kommen wir zum dritten Beispiel: Auch Zahlen in Überschriften sind uns bekannt – sie leiten in der Regel einen Listicle ein. Der Listicle ist ein probates Mittel, um Leser entweder Pros- oder Contras aufzuzeigen oder Beispiele zu nennen, die etwas unterstreichen sollen.

Ein Listicle bringt in der Regel auch ein ordnendes System mit, das entlastend auf den menschlichen Verstand wirkt – beispielweise wenn die inhaltlichen Punkte in einem Artikel nach Relevanz oder Aktualität gewichtet sind. Das Wichtige steht dann häufig oben, das Unwichtige ganz unten. Eine Überschrift wie „12 Dinge, die du in deinem Leben getan haben solltest!“ gibt eine Orientierung. Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum Leser so gut mit Listicles können. Es geht vor allem auch um die zeitliche Vorhersehbarkeit beim Lesen.

„Zahlen liefern eine zeitliche Vorhersehbarkeit!“

In einer Studie namens „The Psychology of Waiting Lines“ haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Menschen gerne wissen wollen wie lange etwas dauert. Wenn ein Patient gebeten wird ins Wartezimmer zu gehen und ihm gesagt wird, dass der Arzt gleich kommt, wird er in der Regel nervös, falls er nicht binnen der nächsten paar Minuten aufgerufen wird. Wenn man dem Patienten aber sagt, dass der Doktor erst 30 Minuten später eintrifft, wird er zwar sicherlich nicht erfreut, aber – insofern er wartet – zumindest beruhigt sein. Die Zeit wirkt nicht endlos.

Zahlen in Überschriften haben genau diese Wirkung. Sie helfen eine erste Erwartung gegenüber dem Leseaufwand aufzustellen. Bei Listicles ist es erwartbar, dass beispielsweise die Teilüberschriften dabei unterstützen, den Inhalt innerhalb weniger Sekunden zu scannen und zu kennen. Derartige Aufzählungen sparen Zeit, während ein Fließtext sie eher frisst – ohne das wir wissen, was am Ende dabei rauskommt. Insofern sind Zahlen in der Überschrift und entsprechende Gliederungen im Text oft sogar ein guter Service am Leser.

14 Tipps für bessere Überschriften: Das macht sie für Leser interessant

Was berschriften fr Leser interessant macht. 14 Kriterien, die deinen Artikel untersttzen. #FLICKR#
Was Überschriften für Leser interessant macht. 14 Kriterien, die deinen Artikel unterstützen. (Foto: christopher.woo / flickr.com, Lizenz: CC-BY)

Nachdem wir uns oben mit der Psychologie hinter einigen erfolgreichen Überschriften-Strategien beschäftigt haben, wollen wir euch schlussendlich aber auch noch einige handfeste Tipps bieten, die ihr euch gerne zum ständigen Nachlesen in die Favoriten speichern solltet. Unser Redakteur Johannes Schuba hat 14 Tipps für bessere Überschriften aufgelistet.

Und welche Überschrift hat euch in letzter Zeit zum Klicken gebracht?

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