Warum Horoskopen so viel Glauben geschenkt wird

Auf einer Skala von 0 bis fünf, also von "gar nicht" bis "vollkommen" – wie sehr treffen die folgenden Beschreibungen auf Sie zu? "Ich bin tendenziell selbstkritisch", "Ich werde unzufrieden, wenn ich mich eingeschränkt fühle, und mag ein gewisses Maß an Veränderung" und "Auch wenn ich nach außen kontrolliert und selbstdiszipliniert erscheine, bin ich manchmal innerlich unsicher"?

Diese Beschreibungen verwendete der US-amerikanische Psychologe Bertram Forer 1948 in einem Experiment mit 39 seiner Studenten. Er bat sie, ihm bei der Evaluierung eines neuen Persönlichkeitstests zu helfen, und gab jedem der Studenten einen kleinen Fragenkatalog, den sie beantworten sollten. Zum nächsten Seminar brachte er die Auswertungen des Tests mit.

Die Studenten lasen ihre Persönlichkeitsbeschreibungen und gaben ihre Einschätzung zur Genauigkeit ihres Profils auf der Skala von 0 bis fünf ab. Und siehe da: Bertram Forer hatte einen großartigen Test entwickelt!

Beschreibungen aus Horoskop zusammengebastelt

Im Schnitt vergaben die Studenten mehr als vier Punkte für ihr Psycho-Profil. Die Sache hatte nur einen Haken: Alle 39 Studenten hatten exakt die gleiche Beschreibung von Forer bekommen – er hatte sie nämlich aus einem am Kiosk erhältlichen Horoskop zusammengebastelt.

Dieses Phänomen, das seither in unzähligen Tests wiederholt und gezeigt wurde, erhielt den Namen Forer-Effekt. Er besagt, dass Menschen dazu tendieren, vage und allgemeingültige Aussagen als zutreffende Beschreibung über die eigene Person zu akzeptieren. Manchmal wird das Ganze auch Barnum-Effekt genannt, nach dem Zirkusgründer Phineas Taylor Barnum.

Nach welchen Prinzipien Horoskope folgen

Dieser reiste im 19. Jahrhundert mit einem Kuriositätenkabinett durch die USA und achtete darauf, für jeden Geschmack etwas dabeizuhaben. Diesem Prinzip des "für jeden etwas" folgen auch Horoskope und viele Formen des Wahrsagens. Sie funktionieren, weil sie Wünsche, Ängste oder Bedürfnisse thematisieren, die schlichtweg jeder hat: eine erfüllende Beziehung, ein sicheres Einkommen, innere Ruhe, Gesundheit.

Oft haben solche Aussagen auch Ambivalenzen zum Thema, die zutiefst menschlich sind – die Sehnsucht nach Sicherheit und Stabilität etwa, die mit dem gleichzeitigen Wunsch nach Veränderung und Aufregung konkurriert.

Schauen wir zum Abschluss doch mal ins heutige Tageshoroskop: "Sie laufen Gefahr, Ihre Ziele durch völlige Überarbeitung aus den Augen zu verlieren", steht da. "Deshalb ist es einfach notwendig, dass Sie sich eine Pause gönnen und mal wieder richtig abschalten." Also, Barnum-Effekt hin oder her: Als Rechtfertigung für eine wohlverdiente Pause taugt er allemal.

hellseher_DW_Wissenschaft_Gross_Schoenebeck.jpg

Was hinter Phänomenen steckt

Leave a Reply