Warum es so schön ist, Feinde zu haben

Manchmal können einem Psychologen den ganzen Spaß verderben. Selbst der persönliche Lieblingsfeind, den jeder hat und den man so leidenschaftlich hasst, weil er es eben einfach verdient, wird wissenschaftlich seziert und in seiner ganzen schnöden Funktionalität entlarvt.

Denn natürlich hassen wir nicht einfach irgendwen einfach so. Wenn Sie einmal an Ihren Lieblingsfeind denken, welche drei Eigenschaften sind wohl seine schlimmsten? Folgt man der Lehre der Psychoanalyse, müssen Sie sich nun gleich an die eigene Nase fassen, denn diese drei Eigenschaften haben mehr mit Ihnen selbst zu tun als mit dem Lieblingsfeind.

Siegmund Freud kam als Erster dem Prozess der Projektion auf die Schliche, der besagt, dass eigene unerwünschte oder unangenehme Impulse, also Gefühle oder Wünsche, anderen zugeschrieben werden. Das ist ziemlich praktisch, denn so kann man innere Konflikte bewältigen, ohne sie wirklich zu bewältigen.

Feinde helfen dem Selbstwertgefühl

Dazu kommt der ungeheure Vorteil, dass der Lieblingsfeind eine stabile Quelle für das Selbstwertgefühl ist. Denn sich im Kontrast zu jemand so Furchtbarem zu sehen, führt zu einer Abwertung des anderen und damit einer Aufwertung der eigenen Person.

Dabei hilft die selektive Wahrnehmung, die nur bestimmte Informationen an uns heranlässt, und die Bestätigungstendenz, die nach genau den Informationen suchen lässt, die unser Bild eines anderen Menschen – genau, bestätigen.

Darüber hinaus hilft ein Feind auch dabei, neue Freunde zu finden, wie Elliott Aronson von der University of California in Santa Cruz schon 1968 in Experimenten zeigte. Wer unsere Feinde schlecht behandelt, ist sogleich ein potenzieller Freund, so das Fazit.

Feinde bauen Ängste ab

Und nun zeigt eine neue Studie von US-Forschern um Daniel Sullivan von der University of Kansas, dass Feinde sogar eine Art Schutzschild sind. Denn sie bündeln Ängste, die jeder von uns aufgrund der nicht kontrollierbaren Umwelt hat.

Der Feind, so die Studie, hilft dabei, das Kontrollgefühl wiederzuerlangen – weil alles Schlechte der Welt in einer Person gebündelt zumindest greifbar und halbwegs vorhersagbar ist. Eines muss man den Psychologen also schon lassen.

Auch wenn sie einem manchmal den Spaß verderben, kann man zumindest dank dieser ganzen Erkenntnisse das eigene Innenleben etwas gelassener sehen und ruhigen Gewissens davon ausgehen: Den anderen geht es genauso.

Hassen Sie also ruhig Ihren Lieblingsfeind weiter – irgendjemand hasst bestimmt auch Sie.

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