Vorbild Mensch

Vorbild Mensch piqs.de/mamjodh

Forscher wollen künstliche Intelligenzen durch menschliche Problemlösungsstrategien verbessern.

Computer sind dem menschlichen Gehirn an Rechenleistung zwar weit überlegen, dennoch löst der Mensch komplexe Probleme oft schneller, weil er intuitiv vorgeht. Siemens erforscht gemeinsam mit der Universität Klagenfurt wie menschliche Problemlösungsstrategien für künstliche Intelligenzen genutzt werden können. Die Lösungen sollen Produktionsabläufe optimieren und komplexe Systeme besser steuern.


Am Psychologie-Institut der Universität Klagenfurt wird Brot gebacken. Die „Bäckermeister“ sitzen vor Computerbildschirmen und stellen Semmeln, Croissants und Brezel in einer fiktiven Fabrik her. „Der Ablauf ist zwar vereinfacht, ähnelt aber einer realen Produktion. Die Teilnehmer müssen Bestellungen planen, Produktionsschritte organisieren und zeitliche Fristen einhalten.
„Wir wollen herausfinden, mit welchen Strategien sie diese Aufgabe meistern“, erklärt Bartosz Gula von der Abteilung für Allgemeine Psychologie und Kognitionsforschung. Das so identifizierte Problemlöseverhalten soll in die Künstliche Intelligenz implimentiert werden, um dadurch Produktionsabläufe in der Industrie zu verbessern.

Suchräume eingrenzen
Effizientere Planungsprozesse wünscht man sich auch bei der sehr komplexen Konfiguration von Eisenbahnstellwerken. „Schon 300 Ja/Nein-Entscheidungen führen zu mehr Möglichkeiten, als es Atome im Universum gibt“, skizziert Siemens-Forscher Andreas Falkner die Herausforderung.


Menschen finden mit begrenztem Wissen auch unter Zeitdruck gute Lösungen, indem sie diese unendlichen Suchräume intuitiv eingrenzen. Diese Lösungsstrategien werden in der Fachsprache Heuristiken genannt. Bevor Heuristiken in der Künstlichen Intelligenz eingesetzt werden können, müssen sie zuvor von Menschen gefunden werden.
„Das erfordert viel Kreativität und Zeit. Es gleicht eher einer Kunst als einem Handwerk“, erklärt Prof. Gerhard Friedrich vom Institut für Angewandte Informatik der Universität Klagenfurt. „Wir wollen den Aufwand für die Entwicklung von Heuristiken deutlich senken. Der Computer soll Heuristiken für neue Probleme automatisch finden“, ergänzt Falkner.

Hundertmal schneller

Einen ersten Erfolg haben die Forscher mit ihrem ASCASS-Solver (A Simple Constraint Answer Set Solver) erzielt. „Im Vergleichstest mit anderen Systemen war unser Solver am stabilsten und bis zu hundertmal schneller bei der Lösungsfindung“, berichtet Friedrich. Derzeit wird der Solver bei den Industriepartnern Infineon und Siemens getestet. Das Projekt wird von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft gefördert. Projektpartner sind neben den genannten auch die Technische Universität Wien und die Universität Oxford.

red/stem, Economy Ausgabe Webartikel, 27.11.2015

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