Vom Psychologen zum Autoren

Von Elfi Hofmann

ERSTLINGSWERK Der Lampertheimer Rainer Bauer veröffentlicht seinen Roman „Das Haus an den Gleisen“

LAMPERTHEIM - „Eigentlich wollte ich schon als Jugendlicher Bücher schreiben“, erklärt Rainer Bauer. Diesen Traum hat der gebürtige Lampertheimer jetzt verwirklicht. Mit dem Roman „Das Haus an den Gleisen“ legt der 59-Jährige sein Erstlingswerk vor.

Als „Spätstarter“ sollte er aber nicht bezeichnet werden, schließlich hat er schon in seiner Studienzeit in Heidelberg viel geschrieben, ein Text wurde sogar veröffentlicht, aber für die unter Umständen „brotlose Kunst“ war ihm ein finanzieller Puffer ebenfalls wichtig.

Seine Kindheit verbrachte Bauer in der Spargelstadt, besuchte die Schillerschule, dann die Goetheschule und wechselte schließlich ans Gymnasium in Gernsheim. Täglich fuhr er mit dem Zug die wenigen Stationen. „In den 20 Minuten haben wir Hausaufgaben gemacht oder unsere Schulbrote getauscht“, erinnert er sich gerne.

Nach dem Psychologiestudium in Heidelberg mit dem Schwerpunkt Klinische Psychologie gründete er mit zwei Kollegen eine eigene Praxis. „Doch davon bin ich schnell wieder abgekommen“. Sein weiterer Weg führte ihn zu der Firma „Nixdorf Computer“, ein in der Boom-Zeit der Computer in der 80er Jahren florierende Unternehmen.

25 Jahre kam er beruflich bedingt viel in der Welt herum, besuchte unter anderem mehrmals die USA, doch den Wunsch, ein eigenes Buch zu schreiben, verlor Bauer nie aus den Augen. „Mein ganzes Leben habe ich Dinge aufgenommen und ein Ventil gesucht, sie zu verarbeiten“, so der Autor. Und jetzt ist es da, 250 Seiten stark und mit biografischen Zügen, aber auch viel Fantasie. Das Buch erzählt die Jugendzeit des zwölfjährigen Protagonisten Friedrich in den 60er Jahren „irgendwo in Deutschland“. Der dickliche Junge wohnt in einem Haus am Schienenstrang und flüchtet sich in die Welt der Bücher. In die Fußballmannschaft wird er, wenn schon, als Letzter gewählt. Und seine Familie wirkt geistig auch nicht, als ob alle in Ordnung wären. So fristet das Kind sein Dasein in der Zeit zwischen John F. Kennedys Ermordung 1963 und der Mondlandung 1969. Bis er die gleichaltrige Leo trifft, für ihn die erste Frau seines Lebens. Das Mädchen gibt ihm Selbstvertrauen und sagt ihm: „Du kannst es!“ Doch plötzlich ist Leo weg.

Obwohl bewusst niemals eine bestimmte Stadt genannt wird, erkennen Eingeweihte sofort, dass es nur um Lampertheim gehen kann. „Die Bahnlinie von Mannheim nach Frankfurt erkennt man eigentlich sofort“, erklärt Bauer. Aber auch andere Indizien sprechen für seine Heimatstadt. So macht der kleine Fritz einen Ausflug mit seinem Großvater in den Wald zu einem umgestürzten und überwucherten Grabstein. Auch in Lampertheim gibt es so was, nämlich das Freischärlergrab in der Nähe vom Altrhein.

Wie ein roter Faden zieht sich die Entzauberung des Erwachsenwerdens durch das Buch. Auch in seinem zweiten Roman, der in den Endzügen liegt, wird diese Thematik wieder aufgriffen. „Ich finde es schade, dass man vieles im Laufe der Zeit verliert, davon möchte man immer Stückchen zurückholen, egal, wie alt man ist“, so der Autor. Der Wunsch, die heile Welt wieder zurückzubekommen, sei groß.

Nach Lampertheim kommt Rainer Bauer in letzter Zeit sehr selten. Doch Verwandte hat er hier noch. Eigentlich wäre sein Erstlingswerk die Gelegenheit, mal wieder nach Hause zu kommen.

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