Vom Aussterben bedroht – WESER

Das Fach Psychologie in Bremen gehört zu den beliebtesten überhaupt: Auf 148 Plätze des Bachelor-Kurses haben sich im Wintersemester 5221 Interessenten beworben. Auch für den kommenden Herbst würden für Bachelor-Studenten wieder 148 Plätze angeboten, sagt Uni-Sprecher Eberhard Scholz. Zu den langfristigen Perspektiven des Faches könne die Universität derzeit aber nichts sagen. Scholz: „Wir warten auf den Wissenschaftsplan 2020. Nach dem jetzigen Stand soll er Ende Mai den Hochschulen zur Stellungnahme vorgelegt werden.“ Erst auf dieser Grundlage könne sich die Uni Gedanken über mögliche Konsequenzen machen.

Grundsätzlich, sagt Scholz, sei jedoch klar: „Wenn es wieder zu Einsparungen kommen muss, kann das nicht über die gesamte Uni verteilt werden.“ Das habe die Hochschule mehrfach praktiziert, der Spielraum für Kürzungen nach dem Rasenmäher-Prinzip sei ausgereizt. „Dann müsste sehr genau analysiert werden, welche Profilschwerpunkte die Universität hat und was das für die einzelnen Bereiche bedeutet.“ Ziel sei es jedoch, ein möglichst breites Fächerangebot zu erhalten.

Birgit Volmerg, Dekanin des Fachbereichs 11, zu dem Psychologie gehört, will sich mit Blick auf den Wissenschaftsplan derzeit ebenfalls nicht zu möglichen Schließungsplänen äußern. Das mache erst dann Sinn, wenn der Entwurf schwarz auf weiß vorliege.

Allerdings sorgt die Erwägung, den Studiengang mittelfristig abzuschaffen, schon jetzt für Unruhe. Dem Vernehmen nach haben die Gedankenspiele bereits konkrete Konturen. Demnach könnte der Studiengang in einem Zeitraum von etwa fünf Jahren auslaufen. Das könnte so aussehen, so heißt es, dass im kommenden Wintersemester zum letzten Mal Erstsemester für den Bachelor-Studiengang aufgenommen werden. Die beiden Master-Angebote, Klinische Psychologie und Wirtschaftspsychologie, würden dagegen weiterlaufen und anderen Fächern angegliedert. Nach Informationen dieser Zeitung spielt dabei die Überlegung eine Rolle, die Lehrer-Ausbildung vor allem im Hinblick auf den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Schülern (Inklusion) zu stärken.

Christina Selzer, Sprecherin von Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD), wollte sich gestern nicht zu Details des Wissenschaftsplans 2020 äußern. Das Konzept beschreibt die Leitlinien der Entwicklung im Wissenschaftsbereich.

Derzeit verfügt der Studiengang Psychologie nach Angaben der Universität über sieben Professuren, eine Lektoren-Stelle und 26,5 Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter. Allerdings sind die Professuren dem Vernehmen nach weitestgehend befristet oder mit Kollegen besetzt, die demnächst ihr Pensionsalter erreichen. Vor diesem Hintergrund sei es also möglich, die Stellen Stück für Stück zu streichen, heißt es. Am Mittwoch war die Zukunft der Psychologie Thema einer Vollversammlung im Studiengang. Dort wurden bereits Protestaktionen diskutiert. Auch außerhalb der Uni regt sich Widerstand: Kristina Vogt, Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bürgerschaft, bezeichnete den Plan, den Studiengang zu schließen, als „völlig verfehlte Wissenschaftspolitik“. Der Präsident der Psychotherapeutenkammer Bremen, Karl-Heinz Schrömgens, hält das mögliche Aus für die Psychologie-Ausbildung an der Universität für das falsche Signal. „Das wäre eine fatale Entscheidung.“ Ein Psychologie-Studium sei Voraussetzung für eine Ausbildung zum Psychotherapeuten. Würde dieses Angebot an der Bremer Uni entfallen, müsse dafür auf Absolventen anderer Hochschulen zurückgegriffen werden. Bisher sei es ein großer Vorteil gewesen, dass die potenziellen Nachwuchskräfte direkt in der Hansestadt studieren konnten.

Der Bedarf an qualifizierten Psychotherapeuten sei groß, betont Schrömgens. Schon jetzt gebe es Defizite in der Versorgung. Wer die Metropolregion Bremen-Oldenburg als einen Schwerpunkt der Gesundheitswirtschaft entwickeln wolle, was erklärtes Ziel sei, könne dabei nicht auf die Ausbildung von Psychologen und Psychotherapeuten verzichten.

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FOTO: FRANK THOMAS KOCH

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