Truppe ist verunsichert

Der Sanitätsdienst der Bundeswehr bereitet dem Wehrbeauftragten nach wie vor große Sorgen. Trotz einiger Verbesserungen beim Personalstand von Ärzten und Sanitätern erkennt Hellmut Königshaus (FDP) da noch große Defizite. Ein zentrales Problem ist die unzureichende Zahl von Psychologen und Psychiatern, die sich traumatisierter Soldaten annehmen. Hier ist bis zur Stunde nur die Hälfte der vorgesehenen Dienstposten besetzt. Die Einrichtungen der Truppe zur Betreuung von Therapiesuchenden haben die Grenzen ihrer Belastbarkeit erreicht", heißt es im Jahresbericht 2011 des Wehrbeauftragten.

Dabei stieg die Zahl der nach Auslandseinsätzen traumatisierten Soldaten um 26 Prozent auf 922. Einer Untersuchung des Berliner Psychotraumazentrums zufolge sind die Missionen in Afghanistan oder im Kosovo "mit hohen psychischen Belastungen verbunden". Zudem zeige sich, dass im Zusammenhang mit Kampfeinsätzen auch andere Formen psychischer Störungen - Angst, Depression und Erschöpfungssyndrome - zunehmen.

Zum Ausbau eigener psychotherapeutischer Kapazitäten sollen an den beiden Bundeswehruniversitäten in Hamburg und München jetzt Studiengänge für Psychologie eingerichtet werden. Der Wehrbeauftragte mahnt, dass hier eine Spezialisierung auf Traumabehandlung vorgenommen werden sollte, die nicht vorgesehen ist. Notwendig bleibe wegen Personalknappheit im Sanitätsdienst, weiter auf zivile Therapieangebote zurückzugreifen.

Kritisch sieht Königshaus die Belastung der Soldaten und ihrer Familien im Zug der Neuausrichtung der Bundeswehr: "Die Truppe ist verunsichert, die Stimmung schlecht." Geplante Standortschließungen und Versetzungen führten zu weiteren Einschnitten ins Privatleben der Zeit- und Berufssoldaten. Schon heute pendeln rund 70 Prozent zwischen Dienstort und Wohnsitz, in vielen Fällen über eine Strecke von mehreren hundert Kilometern. Diese Trennung sowie die Abwesenheit durch Auslandseinsätze haben nach Worten des Wehrbeauftragten "extrem hohe Trennungs- und Scheidungsraten" zur Folge, in manchen Bereichen bis zu 80 Prozent.

Königshaus appellierte an Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), zur Verbesserung der Situation von Pendlern freiwerdende Liegenschaften der Bundeswehr als "Pendlerunterkünfte" zu nutzen. Außerdem müsse es möglich bleiben, über einzelne Standortentscheidungen noch einmal zu reden, um "lange Anfahrtswege und Abwesenheit von der Familie zu reduzieren". Allerdings hatte der Minister jüngst mit Blick auf die Standorte verkündet: "Der Sack ist zu!"

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