Transsexualität nicht hormonell bedingt

Manche Menschen fühlen sich im falschen Körper geboren. Die Ursachen sind bis anhin unklar. US-Wissenschaftler haben darum untersucht, ob Transexualität hormonell bedingt ist. Ein Ungleichgewicht der Sexualhormone sei nicht messbar, schreiben sie dazu im Fachmagazin «Journal of Adolescent Health». Der Hormonspiegel transsexueller Menschen ist normal und passt zu ihrem ursprünglichen Geschlecht. Die Wissenschaftler des Transyouth-Zentrums in Los Angeles untersuchten Daten von 101 jugendlichen Transsexuellen. «Wir konnten mit der rückständigen Annahme aufräumen, dass Transsexualität durch ein Hormonungleichgewicht hervorgerufen wird», sagte Erstautorin Johanna Olsen.

Bereits im Mutterleib

Für den Hirnforscher Georg Kranz von der Medizinischen Universität Wien passt dieses Ergebnis gut ins Bild. Schliesslich gehe man mittlerweile davon aus, dass sich die Anlagen zur Transsexualität bereits im Mutterleib bilden und nicht umkehrbar sind.

«Die geschlechtliche Prägung des Körpers - und damit auch die späteren Hormonwerte - und die des Gehirn geschehen zeitlich versetzt während der Schwangerschaft.» Werde im ersten Drittel der Schwangerschaft viel Testosteron und gegen Ende weniger ausgeschüttet, könne das Produkt ein biologischer Mann mit weiblicher Prägung sein.

Schwierige Situation

Die US-Studie skizzierte auch die Lebensweise der Betroffenen: Unter den Transmännern - ursprünglich Frauen mit männlicher Identität - gaben 94 Prozent an, ihre männliche Geschlechterrolle bereits auszuleben. Bei den Transfrauen - ursprünglich Männer mit weiblicher Identität - galt dies nur für etwas mehr als die Hälfte.

Im Schnitt hatten sich die Probanden mit 17,1 Jahren geoutet, rund zehn Jahre nachdem sie realisierten, im falschen Körper zu leben. Zehn Prozent der Teilnehmer schrieben sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zu.

Die oft schwierige Situation von Transsexuellen hinterlässt Spuren. Sowohl Übergewicht als auch Drogenmissbrauch kamen überdurchschnittlich oft vor, schreiben Olsen und ihre Kollegen. Die Teilnehmer klagten drei bis vier Mal so häufig über Depressionen wie andere Jugendliche.

Hormontherapien überprüfen

Über die Hälfte hatte bereits an Selbstmord gedacht. Gerade in der Pubertät komme es mit der Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale oft zur persönlichen Krise, sagte Kranz. «Wenn man das Gefühl hat, eine Frau zu sein, aber in einem männlichen Körper gefangen ist, dann ist das eine absolute Identitätskatastrophe.» Der Leidensdruck der Betroffenen sei enorm.

Die US-Forscher planen nun weitere Untersuchungen zur Sicherheit und Wirksamkeit von klinischen Eingriffen. So gibt es beispielsweise Hormontherapien für Transsexuelle, die bestimmte äussere Geschlechtsmerkmale beeinflussen sollen. Olson hat ein erklärtes Ziel: «Ich will, dass Jugendliche mit einer anderen Geschlechtswahrnehmung nicht nur überleben, sondern sich ganz selbst verwirklichen können.» (sec/sda)

(Erstellt: 21.07.2015, 16:54 Uhr)

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