Top-Psychologie: Augen, die in Augen starren

Ein Paar sieht sich in die Augen und lacht sich an, im Hintergrund steht eine zweifelnde dritte Frau, die Ränder sind verwischt

Was passiert, wenn sich zwei Personen bei schwachem Licht zehn Minuten lang in die Augen starren? Dieser Frage ging eine Studie nach, die 2015 auf der Webseite der Britischen Gesellschaft für Psychologie am beliebtesten war. Ergebnis der Studie: Die Teilnehmer begannen zu halluzinieren.

Rückblick
01.01.2016

Ihr Bewusstsein veränderte sich kurzzeitig so, wie das auch bei Drogenkonsum der Fall sein kann. So berichteten einige der 20 – psychisch völlig gesunden – Probanden, dass sie dieser Moment völlig eingesogen hätte und sie sich dabei so fühlten wie niemals zuvor.

Einige nahmen Farben weniger intensiv und Töne lauter bzw. leiser wahr als üblicherweise. Bei anderen schien die Zeit still zu stehen oder sie fühlten sich "high".

Dissoziative Störung

Die Studienteilnehmer (15 von ihnen waren Frauen) zeigten kurzzeitig Symptome einer leichten dissoziativen Störung, erklärte der Studienleiter Giovanni Caputo von der Universität Urbino. Damit ist in der Psychologie der Zustand gemeint, wenn Personen den normalen Bezug zur Realität verlieren und es sogar zu Erinnerungslücken kommen kann.

Doch nicht nur die Umgebung schien sich durch den Augenkontakt zu verändern. 90 Prozent schilderten, dass sich die Gesichtszüge des Gegenübers gewandelt hätten – einige sahen eine Fratze, jeder zweite gab an, das eigene Gesicht zu erkennen, andere sahen das eines Verwandten.

Wand anstarren verändert nichts

Zum Vergleich wurden weitere 20 Probanden aufgefordert, nicht eine Person anzustarren, sondern die Wand direkt vor ihnen – hier zeigte sich aber kein verändertes Bewusstsein.

Befindet sich auf der Wand hingegen ein Punkt, der beharrlich angeblickt wird, kommt es zu ähnlichen Symptomen wie bei den Gesichtern. Das zeigten frühere Studien des Forschungsteams rund um Caputo. Starrt man in das eigene Spiegelbild, ist die Wirkung ähnlich. Wodurch sie ausgelöst wird, konnten die Psychologen bisher nicht genau beantworten – es bleibt also auch 2016 noch einiges zu erforschen.

Ruth Hutsteiner, science.ORF.at

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