Tafelspitzen: Fleischeslust vom südlichen Ende der Welt

Stuttgart - Als Maja Möller (35) vor acht Jahren als Studentin der Psychologie nach Chile ging, um in einer Kleinstadt im Süden ein Praktikum zu machen, war sie noch überzeugte Vegetarierin. Als sie aus Feuerland, der Tierra del Fuego, nach Stuttgart zurückkehrte, gehörte ein saftiges Steak zu ihren Lieblingsspeisen. „Weil die Chilenen nicht alles marinieren oder würzen, habe ich dort zum ersten Mal den wahren Geschmack von Fleisch kennengelernt“, sagt sie.

Maja Möller steht im Tierra del Fuego in der Neckarstraße und hat eben den Espresso serviert. Hinter der Theke füllt Ricardo Pizarro (34), ihr Mann, den sie in Chile kennengelernt hat, ein Glas mit chilenischem Chardonnay. Mehrere Jahre haben sie in Stuttgart erfolgreich einen Catering- ­Service betrieben. Seit Juli vergangenen Jahres führen sie gemeinsam das nach eigenen Angaben einzige chilenische Restaurant Deutschlands. Der ehemalige Italiener wurde umgebaut. Jetzt dominieren Holztische, in der Mitte des Raums thront die Bar. Die Decke ist geschickt mit Stoffbahnen ab­gehängt. Das schafft eine wunderbare ­südamerikanische Atmosphäre zwischen rustikal und edel. Die ehemalige Loungeecke auf der rechten Seite ist zum Essens­bereich umfunktioniert. „Es kamen einfach zu viele Leute, die sich an den Tisch setzen wollten“, sagt Ricardo Pizarro.

Das ist kein Wunder, denn hier gibt’s wirklich nichts zu mäkeln. Maja Möller und Ricardo Pizarro setzen auf die Überzeugungskraft guter Zutaten, wie ein roter Faden zieht sich die zurückhaltende Würze durch die Gerichte. Das gilt etwa für die Kokoscreme- und die Gemüsesuppe, die beide angenehm mild daherkommen und deutlich mehr als eine Vorspeise sind. Eine Offenbarung sind die Sandwiches, etwa Churrasco mit Rinderhüftsteak, Avocado und Kartoffeln. Wer Hunger hat wie ein chilenischer Kohlekumpel nach mehreren Wochen unter Tage, dem sei ein Bife Patagon ans Herz gelegt: 350 Gramm Roastbeef bester Güte mit selbst frittierten Kartoffelstreifen. Alle Gerichte werden in schickem Porzellan serviert und tragen doch die Handschrift hausgemacht. Als gelungener Abschluss erweist sich die Leche Asada, eine Art Karamellcreme.

Der Mittagstisch im Tierra del Fuego funktioniert nach dem Baukastenprinzip: Ein Hauptgericht aus Lachs, Steak oder Hähnchenbrust kombiniert mit Beilage, Salat und Soße kostet zwischen 6,90 und 7,90 Euro. Es lässt sich aber auch ausgiebiger speisen. Am Abend wird das Tierra del Fuego zum Restaurant mit gehobenem Anspruch: Carpaccio aus Abalonen, Lamm à la Patagonia oder chilenischer Meeresfrüchte-Eintopf. Natürlich finden sich auf der Karte auch vegetarische Gerichte. Doch nach einem Besuch im Tierra del Fuego kann man Maja Möller verstehen: Ein Leben ohne Fleisch ist möglich, aber nicht sinnvoll.

Küche: Hausmannskost auf hohem Niveau

Atmosphäre: Zwischen edel und rustikal

Preis-Leistungsverhältnis: Gute Qualität kostet nun mal

Adresse: Tierra del Fuego, Neckarstraße 119, 70190 Stuttgart, Telefon 0177/3756276, www.tierradelfuego-stuttgart.de

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11.30 ­bis 14.30 Uhr und 18 bis 23 Uhr, Samstag 18 bis 24 Uhr.

Extras: Große Whiskykarte, außerdem wurde die Espressobar mit südamerikanischen ­Kaffeesorten von einem Magazin zur besten in Stuttgart gekürt.

Anfahrt: Mit der Stadtbahn zur Haltestelle Neckartor. Parkplätze gibt es in der ­Neckarstraße, je nach Tageszeit sind diese aber rar.

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